Apartheid-Behörden identifizieren „Stompie“

■ Im Januar gefundene Leiche wird als der 14jährige identifiziert, der von Winnie Mandelas Leibwache gefoltert worden sein soll / Stichwunden am Hals festgestellt / Oppositionsführer gehen auf Distanz zu Frau Mandela / Rechtsanwälte legen Mandat nieder

Johannesburg/Berlin (taz) - Die Leiche des 14jährigen Jungen, der angeblich von der Leibwache der südafrikanischen Oppositionspolitikerin Winnie Mandela gefoltert worden ist, wurde jetzt von der Polizei identifiziert. Die Apartheid -Behörden gaben am Mittwoch bekannt, daß die Leiche schon Anfang Januar mit Stichwunden im Halsbereich gefunden worden war, aber erst jetzt eindeutig als „Stompie“ Moeketsi Seipei identifiziert werden konnte.

Winnie Mandela und ihre Leibwache, der Fußballklub „Mandela United“, waren von einem anderen Jugendlichen beschuldigt worden, ihn zusammen mit zwei weiteren Jungen und Stompie Ende Dezember in das Haus der Frau von Nelson Mandela entführt und geschlagen zu haben. Die Jugendlichen sollen im Beisein von Winnie Mandela brutal gefoltert worden sein, um von ihnen das Geständnis zu erpressen, sie hätten sich von einem weißen Methodistenpfarrer sexuell mißbrauchen lassen. Während die drei anderen Mitte Januar freigelassen wurden, fehlte von Stompie bis gestern jede Spur. Die Verwandten befürchteten, daß er ermordet wurde. Winnie Mandela hat jede Verwicklung in den Fall zurückgewiesen. Sie besuchte am Mittwoch zusammen mit ihrer Tochter Zindzi ihren Mann Nelson Mandela im Gefängnis. Frau Mandela hatte am Dienstag Gerüchte bestritten, es sei wegen der Vorwürfe zu einem Zerwürfnis mit ihrem Mann gekommen.

Wie die linksliberale Wochenzeitung 'Weekly Mail‘ Ende Januar meldete, gab es in Soweto bereits seit Monaten großen Unmut über das Verhalten von Winnie Mandela und ihren Leibwächtern. Die frühere Sozialarbeiterin hatte die etwa 30 arbeitslosen Jugendlichen in den „Fußballklub“ aufgenommen, um sie zu beschäftigen. Diese Klubmitglieder wurden wiederholt beschuldigt, ihre Verbindung mit der Frau des berühmtesten Oppositionsführers in Südafrika mißbraucht zu haben.

Im August vergangenen Jahres wurde Winnie Mandelas früheres Haus abgebrannt, als Schüler aus Soweto gegen die angebliche Vergewaltigung einer Mitschülerin durch Mitglieder des Fußballklubs demonstrierten. Seit Monaten finden Sitzungen in Soweto statt, in denen debattiert wird, wie mit dem Problem umgegangen werden soll, das Winnie Mandela für das Ansehen der Opposition inzwischen darstellt. Es wurde eigens ein Krisenkomitee aus den wichtigsten Oppositionsführern einberufen.

Die Anschuldigungen wegen Folter und Mord basieren bislang lediglich auf den Aussagen der drei betroffenen Jugendlichen, erklärte Polizeiminister Adriaan Vlok. Ein Anzeichen dafür, wie ernst die Vorwürfe gegen Winnie Mandela und ihre Leibwächter jedoch zu nehmen sind, gibt das Verhalten ihrer Rechtsanwälte und der wichtigsten Oppositionsführer. Innerhalb weniger Monate haben ihre zwei langjährigen Anwälte aus Protest ihre Arbeit für die die „Mutter der Nation“ niedergelegt. Oppositionsführer wie der Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrats, Frank Chikane, distanzieren sich von Frau Mandela. Die Glaubwürdigkeit von Winnie Mandela hat offensichtlich so gelitten, daß Oppositionspolitiker eine Trennung von ihr trotz des damit verbundenen Image-Verlustes in Kauf nehmen.mf

Hungerstreik:

Minister Vlok bleibt hart

Enttäuscht über ihr Treffen mit Südafrikas Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, haben sich am Dienstag Verwandte der seit 22 Tagen hungerstreikenden politischen Gefangenen gezeigt. Nach ihrem rund dreistündigen Gespräch mit dem Minister erklärten sie in Kapstadt, weder habe sich Vlok über eine mögliche Freilassung der ohne Gerichtsverfahren einsitzenden Gefangenen geäußert, noch habe er sich bereiterklärt, sie vor Gericht zu stellen. Für heute ist eine Unterredung mit Erzbischof Desmond Tutu vorgesehen.

Die rund 300 Hungerstreikenden protestieren gegen die Inhaftierung von etwa tausend politischen Häftlingen ohne ordentliches Gerichtsverfahren. Dutzende von Kirchenleuten und Journalisten haben Fastenaktionen aus Solidarität mit den Streikenden angekündigt.