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ÖTV will die Weichen umstellen

■ Gewerkschaft präsentiert Verkehrskonzept gegen Auto, für Bahn und Bus / Bremen gab in zehn Jahren 200 Millonen Mark für Straßen, aber nur 125 für den ÖPNV aus

Zu einer Pressekonferenz besonderer Art hat gestern die ÖTV gebeten: In einem Straßenbahnzug ließen die Transport-GewerkschafterInnen die Journaille über Teile des Bremer Straßenbahnnetzes kurven, um dessen Mängel an Ort und Stelle zu demonstrieren und damit für ihr Konzept Vorrang für den öffentlichen Personennahverkehr zu werben.

„Hier ist oft zugeparkt und dann stehen die Bahnen“, erzählt Waldemar Thiele, als die gemietete Straßenbahn über den Dobben holpert. Waldemar Thiele sitzt in der „Funkbude“ und nimmt dort die Klagen der Bus- und BahnfahrerInnen entgegen. Autos, die Gleise zuparken, sind das Haupthindernis der Bremer Straßenbahnen.

Der „Engpaß Dobben“ ist besonders ärgerlich, weil die Straße gerade ein halbes Jahr lang umgebaut worden ist. Und zwar straßenbahngerecht, meint Horst Flathmann, Planungsleiter beim Amt für Straßen und Brückenbau. „Wir haben die Absperrgitter so zurückgesetzt, daß aufgesetztes Parken möglich und der Gleiskörper frei ist“, erläutert Flathmann. Gegen wildes Parken in der zweiten Reihe sei die Baubehörde allerdings machtlos. Für wildes Parken ist die Polizei zuständig.

„Die schleppen viel zu selten ab“, gibt Waldemar Thiele den Frust seiner KollegInnen wieder.

Den „Streß durch Staus“ für FahrerInnen und Fahrgäste beklagt auch Helga Helmke, Betriebsratsvorsitzende der Bremer Straßenbahn AG mit 2000 Beschäftigten. Ihr Kollege Michael Hünig verweist auf Positives, als die Journaille -Tram am Gewerkschaftshaus vorbei über An der Weide braust: Hochpflasterung der Gleise. Da kann kein Auto mehr drüber fahren und sich dann vor der roten Ampel stauen oder wild parken. „Aber das ist bisher nur Kleinkram“, verweist Hünig auf das Stückwerk bei der Bremer Planung zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). ÖTV -Bezirksleiter Holger Wohlleben nennt Gründe für den „Kleinkram“: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungs-Gesetz sehe eine Unterstützung der Kommunen aus der Mineralölsteuer von sechs Pfennig pro Liter vor, der zu gleichen Teilen in den Autoverkehr und den ÖPNV fließen sollte. Bremen allerdings verwende drei Viertel des Zuschusses fürs Auto. Zwar proklamiere der Senat seit 1969 den Vorrang des ÖPNV, lasse den Worten aber keine Taten folgen: Aus dem Bremer Haushalt seien von 1975-85

125 Millionen Mark in den ÖPNV, aber gut 200 Mio in den Autoverkehr geflossen.

Die ÖTV fordert eine „neue Weichenstellung“: Bahnen und Busse müßten schnell und bequem werden. Im einzelnen verlangt die ÖTV in ihrem Konzept, das fachkundige Mitglieder erstellt haben: Eigene Gleiskörper für Bahnen, Ausbau des vorhandenen Schienen- und Busliniennetzes, zum Beispiel nach Osterholz-Tenever, zur Uni und zum Flughafen. Die Abstände zwischen den Bahnen (Taktzeiten) müßten verkürzt werden, PendlerInnen durch Verbesserungen bei Park -and-Ride animiert werden, das Auto am Stadtrand stehenzulassen. Der Spätverkehr soll ausgebaut, der Nachtverkehr neu eingerichtet werden, damit Schichtarbeiter und Nachtschwärmerinnen das eigene Auto stehenlassen und das Taxi sparen. Außerdem sollten Bahnen und Busse an Ampeln Vorrang haben, indem sie sich über Sensoren ihre eigene Grüne Welle schalten. „Wenn die Autofahrer im Stau stehen und schon die fünfte Bahn an ihnen vorbeigefahren ist“, bringt Waldemar Thiele das ÖTV-Konzept auf den Punkt, „dann steigen die um.“

Gaby Mayr

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