Südafrikas Heldin abgesetzt

Die Anti-Apartheid-Opposition am Kap distanziert sich von Winnie Mandela / „Vertrauen und Unterstützung mißbraucht“ / Im Hintergrund die Affäre um den „Mandela-Fußball-Klub“ und die Ermordung eines 14jährigen / Frau Mandela raegiert nicht  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die südafrikanische Opposition hat sich mit aller Schärfe von Winnie Mandela abgewandt. „Die Opposition distanziert sich von Frau Mandela und ihren Taten“, heißt es in einer Erklärung, die der Sprecher des verbotenen Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF), Murphy Morobe, gestern vor der Presse verlas. Und weiter: „Frau Mandela hat das Vertrauen und die Unterstützung, die sie im Laufe der Jahre genossen hat, mißbraucht.“ Morobe rief die Bewohner von Soweto dazu auf, sich auf „würdige Weise“ von der Frau des inhaftierten ANC-Führers zu distanzieren. Gleichzeitig unterstrich er die bleibende Unterstützung der Oppositon für den seit 24 Jahren eingekerkerten Nelson Mandela und forderte erneut dessen Freilassung.

Die Kontroverse um Winnie Mandela und ihre Leibwächter, den sogenannten „Mandela Fußballklub“, war in dieser Woche eskaliert, als eine bereits Anfang Januar in Soweto gefundene Leiche identifiziert wurde: Es handelte sich um den 14jährigen „Stompie“ Seipei, der angeblich Ende Dezember zusammen mit drei anderen Jungendlichen aus einer Kirche in Soweto entführt worden war. Dem „Mandela Fußballklub“ wird vorgeworfen, die Jugendlichen nicht nur verschleppt, sondern auch mißhandelt zu haben. Winnie Mandela selbst sagt nur, daß die vier aus der Kirche entführt worden seien, um sie vor sexueller Mißhandlung zu schützen. Diese Vorwürfe hat die methodistische Kirche zurückgewiesen.

UDF-Sprecher Morobe wurde gestern vom Präsidenten der Gewerkschaftsföderation COSATU, Elija Barayi, und dem UDF -Präsidenten Archie Gumede begleitet. Während er Winnie Mandelas Beitrag zum Kampf gegen die Apartheid würdigte, sprach er auch von den Fortsetzung und Tagesthema Seite 3

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Schwierigkeiten, die sie vor allem durch die Gründung des „Fußball-klubs“ verursacht habe. Zahlreiche Versuche, die Klagen der Bevölkerung über den „Fußballklub“ mit Winnie Mandela zu besprechen, wären fehlgeschlagen. Vor allem Winnie Mandelas „Komplizenschaft“ bei der Entführung und Mißhandlung von „Stompie“ hätte die Opposition „entsetzt“.

Morobe hoffte, daß die Distanzierung von Winnie Mandela nicht zu einer Spaltung der Opposition führen werde. „Die Mehrheit der Bevölkerung unterstützt diese Entscheidung“, so der UDF-Sprecher. Er fügte hinzu, daß Antiapartheid -Organisationen dafür sorgen würden, daß der Aufruf der Distanzierung eingehalten werde, ohne daß Winnie Mandela selbst bedroht werde. Die Abkehr von Winnie Mandela geschehe nicht auf Anweisung des ANC, sagte Morobe. „Wir, die internen Führer, gehen damit auf die Wünsche der Bevölkerung ein.“

Die künftige Beziehung zwischen Nelson und Winnie Mandela bleibt zunächst unklar. Morobe sagte, daß Nelson Mandela sobald wie möglich

von der Entscheidung der Opposition informiert werden wollte. Nelson Mandela werde dann selbst Konsequenzen ziehen müssen.

Morobe räumte ein, daß die Regierung die Kontroverse um Winnie Mandela zu Propagandazwecken ausnützen werde. „Die Tragik ist, daß die langfristige Inhaftierung von Nelson Mandela viele der Probleme verursacht hat“, sagte er. Morobe sprach von zahlreichen Bemühungen um einen Ausgleich zwischen Winnie Mandela und der schwarzen Gemeinde. Stets habe Frau Mandela jedoch die Zusammenarbeit verweigert. Er bestätigte, einige Aktivisten vermuteten, daß der „Fußballklub“ von der Sicherheitspolizei infiltriert und zur Spaltung der Opposition eingesetzt worden sei.

Indessen dauert die polizeiliche Untersuchung der Mordfälle an „Stompie“ Seipei und dem 19jährigen Maxwell Mafondo, einem am Montag ermordeten Mitglied des „Fußballklubs“, an. Am Donnerstag wurde ein Fahrzeug von Winnie Mandela, das angeblich bei der Entführung benutzt wurde, von der Polizei beschlagnahmt. Seipis Leiche war am Mittwoch in einem Leichenschauhaus von Soweto identifiziert worden. Der 14jährige war schwer mißhandelt und dann mit Messerschnitten am Hals ermordet worden.