Altöl, Farben, Batterien.........

■ Städtisches Schadstoffmobil wird zunehmend besser angenommen / Weiteres Fahrzeug soll eingesetzt werden / Wie kann bei der Herstellung von Gütern die Entstehung von Gift-Müll vermieden werden?

„Euch werde ich bei der Stadt für die nächste Gehaltserhöhung vorschlagen. Ihr seid viel wichtiger als verlogene Politiker“, ruft ein alter Mann, der gerade eine volle Plastiktüte alter Batterien abgegeben hat. Gemeint sind die beiden Mitarbeiter des städtischen Schadstoffmobils, das gerade in Huchting Halt gemacht hat. Es ist halb zehn. Aushilfsfahrer und Chemiestudent Hans -Jürgen Schwenn und der Praktikant Ingo Herbst, Umschüler zum Ver-und Entsorger, haben bereits die erste Arbeitsstunde hinter sich. Die aufgestellten Container und die Ablage -Borte im Laderaum des Wagens füllen sich langsam. Die beiden Mitarbeiter nehmen alles, was unter die Kategorie „Problemmüll“ fällt und in „haushaltsüblichen Mengen“ angeliefert wird, entgegen.

Farben, Altöle, Batterien und

Spraydosen werden aus der Nachbarschaft herangeschleppt, zum Teil in enormen Mengen. Aber auch Leuchtstoffröhren, Quecksilber, Lösungs-und Holzschutzmittel und andere flüssige und feste Chemikalien können beim Schadstoffmobil abgegeben werden. Immerhin sammelt das Mobil auf diese Weise täglich im Durchschnitt eine Drittel Tonne.

Ein alter Mann bringt eine Autobatterie. Die Glühbirnen, Plastikverpackungen und leeren Gefäße muß er aber wieder mit nach Hause nehmen. „Das ist Hausmüll, der wird nicht gesondert gesammelt“, sagt Hans-Jürgen Schwenn. Überhaupt fällt auf, daß fast ausschließlich alte Leute und Hausfrauen zum Schadstoffmobil kommen. Das hat wohl mit den ungünstigen Sammelzeiten zu tun. „Die meisten Menschen sind jetzt eben an ihren Arbeits

plätzen“, so Schwenn.

Nach seiner Meinung sind auch die Termine des Mobils noch zu wenig bekannt und zu selten. Nur einmal im Vierteljahr wird jeder der 112 Haltestellen angelaufen. „Im Durchschnitt liefern etwa 60 Menschen ihren Problemmüll bei uns ab“, so Ingo Herbst. Seit die Sammlung von Problemmüll 1984 auf den bremischen Betriebshöfen begonnen wurde, hat sich das Gesamtaufkommen von 36.000 kg 1984 auf 160.000 kg im Jahr 1987 erhöht. Allein 66.000 kg wurden über das Schadstoffmobil gesammelt.

Noch in diesem Frühjahr soll ein weiteres Fahrzeug in Betrieb genommen werden, verspricht der Chef der Umweltbehörde, Dr. Lüthge. Dann werden 50 neue Haltepunkte angefahren.

An einer zentralen Sammelstelle in der Juiststraße wird der

ganze Problemmüll in zwölf Schadstoffgruppen sortiert. Eine völlig schadlose Beseitigung des Mülls gibt es nicht. So werden beispielsweise die alten Medikamente in der Bremer MVA verbrannt, Innenfarben und Laborchemikalienreste in die dortige Neutralisierungs-und Entgiftungsanlage gebracht. Weitere Stoffe, wie etwa Chemikalien, werden in Hamburg und Nordrhein-Westfalen unter extrem hohen Temperaturen verbrannt, ein geringer Teil des Problemmülls wird deponiert.

Der Problemmüll ist aber nur der eine Bereich, der andere ist der Sondermüll, also die giftigen Abfälle aus Handwerk und Industrie. „Hier liegt das größte Übel. Gegen die Mengen an giftigen Stoffen ist das, was wir hier machen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Herbst. Grundsätz

lich könne sich nur etwas ändern, wenn die Produktion verändert werde. „Das halte ich für notwendig. Ich will schließlich nicht zum Müllverwalter ausgebildet werden“. Druck auf die Produktion kann in erster Linie über ein verändertes Konsumverhalten ausgeübt werden. Und hier wird dann auch ein Problem der Müllsammlung deutlich: Wenn die Entledigung des Problemmülls einfacher und bequemer wird, werden damit auch die Anreize für ein verändertes Verbraucherverhalten geringer.

Mittlerweile ist es 12 Uhr. Die Annahmezeit ist vorbei, der Laderaum des Mobils fast voll. Eigentlich müßte das Auto mit der Aufschrift „Wir kommen Ihnen entgegen“ vor der Fahrt zur Sammelstelle als „Fahrzeug mit besonders gefährlicher Ladung“ ausgezeichnet werden. om