Rost, Frost, Verfassung

■ Wen schützt der Verfassungsschutz / Bürgerinitiative diskutierte über Abschaffung der Geheimdienste / Berliner rot-grüne Koalition mit beschränkten Rechten für VS

„Rostschutz schützt nicht den Rost, Frostschutz schützt nicht den Frost und Verfassungsschutz.....“ . Mit dieser einfachen Formel benannte der Bremer Buchautor und Rechtsanwalt Rolf Gössner schon gleich zu Beginn den Tenor einer Veranstaltung zur Forderung nach Abschaffung der Geheimdienste in der Bundesrepublik. Eingeladen hatte die Initiative „BürgerInnen kontrollieren die Polizei, Bremen“ , gekommen waren etwa hundert Interessierte.

Gössner bezeichnete den Verfassungsschutz als „ganz ordinären Geheimdienst“, der im übrigen durch das Grundgesetz nicht zwingend vorgeschrieben sei und einen Schutz vor der Verfassung darstelle - einen Schutz für die herrschenden Politiker. Überlegungen zur Reformierbarkeit der Geheimdienste erteilte er eine

klare Absage: „Der Verfassungsschutz kann weder kontrolliert noch reformiert, sondern nur politisch bekämpft werden“. Zur Auflösung der Geheimdienste einschließlich des nachrichtendienstlichen Armes der Polizei gebe es keine Alternative.

Jürgen Trittin, Mitglied im Mauss-Untersuchungsausschuß des niedersächsischen Landtags, unterstützte ihn. Nach seinen Erfahrungen sei eine Unterrichtung von ParlamentarierInnen über die Arbeit der Geheimdienste nur selten, und dann unvollständig und oft unwahr. Spätestens das Celler Loch habe deutlich gemacht, daß unter „nachrichtendienstlichen Mitteln“ wirklich alles zu verstehen sei. Trittin: „Der Verfassungsschutz läßt sich von den Kompetenzen her nicht abgrenzen, und er ist strukturell unkontrollierbar.“ In Berlin wurde im

Gefolge der Informationen über die Arbeit des Verfassungsschutzes erstmals ernsthaft über seine Abschaffung diskutiert, so Wolfgang Wieland von der AL. Nun gehe es „ans Eingemachte“. Die Berliner SPD habe sich an dieser Frage radikalisiert.

Die AL verhandelt mit der SPD über die Abschaffung der Geheimdienste. An ihre Stelle soll ein Art Informationsdienst treten, der weitgehend öffentlich arbeitet, sich im wesentlichen auf die Beobachtung verfassungsfeindlicher Bestrebungen beschränkt und auf die Erfassung personenbezogener Daten vollständig verzichtet. Die Kontrolle soll über einen öffentlich tagenden und mit weitgehenden Befugnissen wie Akteneinsichts- und Zeugenbefragungsrecht ausgestatteten Sicherheitsausschuß erfolgen. „Einen solchen Dienst finden wir

immer noch unnötig, aber auch relativ harmlos.“

Ungewöhnliche Töne kamen nur von dem innenpolitischen Sprecher der Bremer Grünen, Martin Thomas, Mitglied in der parlamentarischen Kontrollkommission für den Landesverfassungsschutz. Er gehe davon aus, daß die Kommission umfangreich über die Arbeit des Verfassungsschutzes informiert werde und habe „noch keine endgültige Position, ob eine Mitarbeit in diesem Gremium sinnvoll sein könne“.

Joachim Kempas, Sprecher der Bürgerinitiative, nannte die Veranstaltung einen wichtigen Einstieg in ein bisher wenig diskutiertes und brisantes Thema. Der nächste Informationsabend wird am 3. März stattfinden, dann mit Vertretern der Berliner taz und des Bremer Verfassungsschutzes. om