Düsseldorf genehmigt Dreckschleuder

Der nordrhein-westfälische Umweltminister Klaus Matthiesen (SPD) gewährt den Betreibern des umstrittenen Kohlekraftwerks im westfälischen Ibbenbühren erneut überhöhten Stickoxidausstoß  ■  Aus Düsseldorf J. Nitschmann

Im Kohlekraftwerk Ibbenbühren darf seit dem 1. Dezember '88 der ursprünglich vereinbarte Grenzwert von 200 Milligramm Stickoxid pro Kubikmeter Ausstoß bis zum Dreifachen überschritten werden. Dies bestätigte ein Sprecher des Düsseldorfer Umweltministeriums der taz. Das 770-Megawatt -Kohlekraftwerk dürfe diese Regelung in der sogenannten „Optimierungsphase“ in Anspruch nehmen. Diese zwölfmonatige „Optimierung“ sei für die Betreiber als „Spielraum“ notwendig, um die am 25.November '88 in die Erprobung genommene Entstickungsanlage in Ibbenbühren „richtig einzustellen und auf den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert runter zu optimieren“, erklärte Matthiesens persönlicher Referent Georg-Wilhelm Adamowitsch. Bereits heute liege der „Tagesmittelwert“ während des Vollastbetriebes bei rund 250 Milligramm. Über die Höchstwerte wollte das RWE als Betreiber keine konkreten Angaben machen.

Nach der Inbetriebnahme des Ibbenbührener Kohlekraftwerkes im Dezember 1985 hatte Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) angesichts heftiger Proteste auch innerhalb seiner eigenen Partei gegen den „größten Stinker der Republik“ die Betreiber gedrängt, die Entstickung auf Ende 1987/Anfang 1988 vorzuziehen. Bereits im Oktober 1986 mußten die Betreiber öffentlich eingestehen, daß sich ihr zweistufiger Entstickungsplan nicht verwirklichen lasse. Matthiesen erklärte daraufhin, die SPD-Landesregierung und die Betreiber seien „Opfer von zu optimistischen Aussagen der Zuliefererindustrie“ geworden.

Im August '88 hatte Matthiesen zwar angekündigt, daß die Entstickungsanlage im Dezember 1988 in Betrieb gehen werde. Zugleich verschwieg er jedoch, daß er den Betreibern zur Reduzierung der Stickoxide erneut den zwölfmonatigen Aufschub mit einem Optimierungswert von 600 Milligramm genehmigen werde. Das Bundesumweltministerium informierte der Düsseldorfer Umweltminister über diese „Optimierungsphase“ offensichtlich ebensowenig wie die lokalen Behörden. Eine zwölfmonatige üübergangsfrist mit einem Optimierungswert, der den zulässigen Grenzwert um das Dreifache übersteigt, wird von Experten des Bundesumweltministeriums als „höchst ungewöhnlich“ bezeichnet.

Matthiesen wies gestern Kritik an seiner Entscheidung als „doppelzüngig und unseriös“ zurück.