Jungfrau mit Kindern

Zu den „undogmatischen“ AL-Äußerungen  ■ K O M M E N T A R

Niemand kann Birgit Arkenstette und Harald Wolf vorwerfen, sie hätten bei den „Undogmatischen Linken“ beim Bonner Treffen etwa nicht gesagt, was sie denken. Harald Wolf hat nie einen Hehl daraus gemacht, daß er eine Tolerierung einer SPD-Regierung bevorzugt, und dies unter anderem auch in einem taz-Gespräch öffentlich bekundet. Birgit Arkenstettes Meinung zum Gewaltmonopol des Staates ist ebenso bekannt wie die herzliche Abneigung anderer AL-Unterhändler gegen die SPD, die schließlich auch in die Kommission delegiert wurden. Ihnen ist nicht einmal vorzuwerfen, daß sie sich in eine Verhandlungskommission wählen lassen, von der von vornherein klar ist, daß dort mit Kompromissen gearbeitet werden muß. Vorzuwerfen ist ihnen dagegen, daß sie offenbar nicht verstanden haben, welche Rolle sie nun bei den Verhandlungen freiwillig eingegangen sind. Daß sie von den „Undogmatischen Linken“ in den Grünen Prügel für das Einigungspapier beziehen würden, hätte beiden klar sein müssen. Der „Druck“, unter dem die Äußerungen fielen, ist schließlich beim Flügelschlagen innerhalb der Grünen gang und gebe. Nur kann sich niemand bei den Gleichgesinnten als Jungfrau gerieren, die zwei Tage vorher in aller Öffentlichkeit noch stolz ihre Kinder präsentiert hatten.

Kritik an dem gemeinsamen Papier von AL und SPD ist legitim. Doch wer soll noch nachvollziehen können, wenn sich die beiden Kommissionsmitglieder gegen zentrale Punkte öffentlich äußern, die sie gerade als Erfolg verkauft haben. Nicht nur die AL, sondern auch die KommissionsvertreterInnen müssen sich die Frage gefallen lassen, wie sie einen solchen Spagat den eigenen Wählern und dem künftigen politischen Partner glaubhaft machen wollen.

Rita Hermanns