Das „Weg-von-hier“ und das „Ziel“

Der „Grüne Aufbruch“ traf sich in Köln zur Vorbereitung des Parteitags der Grünen in Duisburg / „Aufbruch„-Leute fühlen sich im Aufwind und wollen interne Blockbildung bei den Grünen überwinden  ■  Aus Köln Gerd Nowakowski

Von Aufbruchstimmung war wenig zu spüren; nur etwa 50 Menschen, weniger als erwartet, waren am Samstag nach Köln gekommen, um über die Situation der Grünen vor der Bundesversammlung Anfang März in Duisburg zu diskutieren. Verglichen mit den über 350 Diskutanten, die sich vor zwei Wochen beim Treffen der Linken in Bonn einfanden, mag die Gruppierung „Grüner Aufbruch“ eher wie eine Randerscheinung wirken.

Der Eindruck täuscht. Denn während die Ökosozialisten um Thomas Ebermann eher das Scheitern aller ihrer Hoffnungen im Projekt „Grüne“ konstatieren, dürfen sich die „Aufbruch„ -Leute seit der erfolgreich initiierten Urabstimmungskampagne und der Vorstandsabwahl auf dem letzten Parteitag im Aufwind fühlen.

„Du kennst also dein Ziel?“, fragte er. „Ja“, antwortete ich, „ich sagte es doch: 'weg von hier‘, das ist mein Ziel“, heißt es in der Erzählung von Franz Kafka mit dem Titel Der Aufbruch. Irgend jemand hatte den Text ausgegraben und vervielfältigt; ein Scherz sollte es wohl sein und trifft doch. Denn über das „Weg“ hinaus, was wohl der massiven Stimmungslage der Mitglieder entspricht, gibt es wenig anzubieten; über das „Wohin“ muß unter anderem erst die Urabstimmung über die verschiedenen Strömungsmanifeste entscheiden.

In der Debatte hielt man sich lieber an Dante - in dessen Hölle gibt es im Gegensatz zu Kafka einen Ausweg, man müsse ihn nur finden und beschreiten. Das gelte für die Partei und für die ökologischen Probleme der Welt gleichermaßen. Und für die Partei könne der Ausweg nicht bedeuten, daß nach dem „Fenstersturz“ des Karlsruher Parteitags der „Aufbruch“ sich nun des Vorstands bemächtige, betonte der Bremer Ralf Fücks. Der „Aufbruch“ sei keine machtpolitische Initiative, auch wenn er inzwischen machtpolitische Wirkung habe.

Ralf Fücks, der als Vorstandskandidat antreten wird, wies auf die „dramatischen Entwicklungen“ in der Partei hin. Insbesondere der Positionswandel der Berliner Alternativen Liste verdeutliche, wie schnell „ein Damm vor der Realität brechen kann“. Die Linke dagegen erlebe derzeit einen regelrechten „Zusammenbruch“. Es bestehe die Gefahr, daß dieses „linke Potential der Bewegung verlorengeht“. Es sei aber „wenig gewonnen“, wenn „ein Flügel zerrieben wird und der andere triumphiert“, sagte Fücks mit Bezug auf die realpolitisch orientierte Strömung. Auch Antje Vollmer betonte, es müsse ein „anständiger Ausweg“ gefunden werden, der verhindere, daß sich diese Gruppierung „nach außen artikuliert“.

Anspruch des Aufbruchs sei es, die „leergelaufene Polarisation“ zu beenden. Erst wenn die „interne Blockbildung“ überwunden werde, seien die Grünen wieder in der Lage, gesellschaftlich zu intervenieren, sagte Fücks. Derzeit habe die Partei „Terrain verloren“ und sei nicht mehr „Bezugspunkt“ der öffentlichen Diskussion.

Mehrere RednerInnen warnten davor, sich jetzt zum Postenverteiler aufzuschwingen. Um dem immer wieder erhobenen Machtvorwurf entgegenzutreten, wäre es am besten, keiner aus der Gruppierung kandidiere, vertrat Antje Vollmer, doch sei dies „unverantwortlich“ gegenüber der Partei. Sie plädierte für die Kandidatur lediglich eines „Aufbruch„-Vertreters, abgestimmt wurde darüber jedoch nicht. Neben Fücks kündigte auch der Hesse Rüdiger Kurth seine Kandidatur an.

Der neu zu wählende Vorstand dürfe nicht aus „Strömungsagenten“ bestehen (Fücks). Ziel aber könne es nicht sein, einen Vorstand aus „lauter Harmonikern“ zu bilden; entscheidend seien das Profil und die Dialogfähigkeit. Vorstandsmitglieder seien der gesamten Partei verpflichtet, wurde in einer abschließenden Erklärung formuliert. Mit den bisherigen ExponentInnen könne man sich „einen politischen Neuanfang nicht vorstellen“, heißt es in der Erklärung weiter, in der zugleich eine Konzentration der Arbeit auf die Orts- und Kreisverbände gefordert wird.