Drogenarbeit in Gefahr

■ Verein für akzeptierende Drogenarbeit hat ab Februar drei ABM-Stellen verloren / Junkiefrühstück, Knastarbeit, Beratung und Spritzentausch in Gefahr

„Was'n hier los - 'ne Sitzung? Kein Frühstück heute?“ Als gestern vormittag drogenabhängige BremerInnen zum Montags -Frühstück in den kleinen Laden in der Weberstraße kamen, fanden sie da nicht wie sonst gesunde Vollmilch, Vollkornbrötchen und Auflage zum Sattessen, son

dern nur eine satte Runde JournalistInnen vor. Und das kostenlose wöchentliche Frühstück, ehemals vom gemeinnützigen „Verein kommunale Drogenpolitik - für akzeptierende Drogenarbeit“ (KDP) eingeführt, damit die chronisch schlecht ernährten Junkies zumindest einmal pro Woche etwas Anständiges zu essen und einen schön gedeckten Tisch vorfinden, wird es ab sofort auch nicht mehr geben.

Es bedeutet noch viel mehr, daß seit Ende Januar drei ABM -Stellen des Vereins ausgelaufen sind und bislang auch keine Verlängerung in Sicht ist. Ein bißchen auf Sparflamme läuft erstmal noch weiter, was KDP mit großem Erfolg, großem Engagement und bemerkenswert kleinem Etat seit wenigen Jahrem mitten im Ostertorviertel auf die Beine gestellt hat. Inzwischen

drei Automaten mit sterilen Einweg-Spritzen müssen täglich gefüllt werden; aus Großpackungen werden Sets mit Spritzen und verschiedenen Kanülen einmal wöchentlich umgepackt. Rund 4.000 Packungen mit über 10.000 Kanülen werden monatlich für eine Mark pro Packung aus den Automaten gezogen. Aus dem Spritzenverkauf finanziert der Verein die Frühstücke und auch die Spritzen-Umtauschaktion „alt gegen neu“: Wer seine alte Spritze abgibt, bekommt gratis eine neue. Mit Platiktüten voller „Pumpen“, oft über 100 Stück, kommen seitdem die Junkies zum Tausch in den Laden.

Der kleine Verein AKD macht auch medizinische Versorgung für die oft eitrigen und entzündeten Spritzen-Abszesse der Junkies, streicht Salbe auf, legt sterile Verbände an. „Einmal pro

Woche ist noch viel zu wenig“, sagt die gelernte Arzthelferin Birgit Stiem, die auf der vorläufig einzig gesicherten §-19-Stelle ab 1.4. diese Betreuung übernehmen wird.

Gemessen an dem großen Stück praktischer Drogenarbeit, das der Verein macht, fehlt eigentlich wenig, um sein Überleben zu sichern: 40.000 Mark zur Absicherung des Eigeneanteils von 25% für die drei ABM-Stellen. Ein entsprechender Antrag auf Zuschuß liegt beim Arbeitssenator auf Halde.

„Wir machen kein konkurrierendes, sondern ein ergänzendes und alternatives Angebot in der Bremer Drogenarbeit“, betonen Heino Stöver und Helmut Oppermann vom Verein. Als freier Träger kann KDP schnell und flexibel auf Bewegungen und der Drogenszene und auch im Viertel reagieren; die Tausch-Aktion etwa kommt den Bürger-Bedenken entgegen, daß auf Spielplätzen und in Parks gebrauchte Spritzen herumliegen. Der Behörde ist es seit 1984 nicht gelungen, mit den Apotheken ein solches Tausch-Programm auf die Beine zu stellen. „In behördlichen Einrichtungen wie der Drobs gibt es höchstens Wachstum, aber keine qualitativen Sprünge, keine ganz andere Drogenpolitik mit Methadon, mit einem entkriminalisierten Druckraum“, erklärt Stöver.

Vor einigen Wochen noch hatte die Sozial-Behörde geroß gefeiert, daß sieben neue Stellen in der Grobs geschaffen und auch besetzt würden. „Wenn unsere drei Stellen wegfallen“, rechnete gestern Helmut Oppermann vor, „dann bleiben unter dem Strich nur noch drei neue in der bremischen Drogenarbeit übrig, und von denen verschwinden dann wieder zwei in der Verwaltung...“ Susanne Paa