„Das ist ein Problem mit dem Begriff des Gewaltmonopols“

■ Harald Wolf vom GA der AL wundert sich, daß die Äußerungen von ihm und Birgit Arkenstette solche Furore machen / Keine gewollte Provokation, sondern persönliche Meinungsäußerung

taz: Erst letzten Freitag wurde das Essential-Papier einmütig von SPD und AL öffentlich vorgestellt. Jetzt hast Du gemeinsam mit Birgit Arkenstette ein Fragezeichen dahinter gesetzt. Wie verträgt sich das?

Harald Wolf: Ich habe kein Fragezeichen dahinter gesetzt. Ich habe auch in Bonn - und das ist über die Presse nicht rübergekommen - gesagt, daß für uns diese Essentials Grundlage der gemeinsamen rot-grünen Regierungskonstellation sind. Ich werde auch am Mittwoch auf dem Delegiertenrat dafür eintreten, daß diese Essentials angenommen werden.

Aber Birgit Arkenstette hat in Bonn gesagt, für sie sei damit das Gewaltmonopol des Staates nicht anerkannt.

Das ist ein Problem mit dem Begriff des „Gewaltmonopols“. Ich halte das für eine unglückliche Äußerung von Birgit. Wir hatten in der Verhandlungskommission lange mit der SPD diskutiert, daß dieser Begriff ideologisch besetzt ist und von verschiedenen Seiten sehr unterschiedlich interpretiert wird. Wir haben uns auf eine andere Formulierung geeinigt. Aber der erste, der die Sprachregelung durchbrochen hat, war Walter Momper. Der hat gesagt, die Alternative Liste habe das staatliche Gewaltmonopol anerkannt. Wir halten uns an den vereinbarten Satz, daß „nach der Rechtsordnung nur der Staat darüber entscheiden darf, wer zur Ausübung unmittelbaren Zwangs befugt ist“. Ansonsten gilt unser Programm weiter. Dort wird einerseits Gewaltfreiheit postuliert, andererseits heißt es da, außerparlamentarischer Widerstand kann sich seine Spielregeln nicht vom Staat diktieren lassen.

Du hast dich in Bonn stark gemacht für eine Tolerierung der SPD. Daß das Deine Position ist, ist kein Geheimnis, andererseits hat die MVV einen klaren Verhandlungsauftrag erteilt. „Verhandlungen bis hin zur Koalition.“ Bedeutet das nicht den Bruch des Auftrages, wenn Du jetzt, mitten in den Verhandlungen, für Tolerierung plädierst?

Nein, ich habe schon immer gesagt, daß ich eine bestimmte Einschätzung der Kräfteverhältnisse und des Verhandlungsergebnisses habe. So wie ich bislang verhandelt habe und wie ich aufgetreten bin, habe ich den Verhandlungsauftrag erfüllt. Und es hat mich gewundert, daß diese Äußerung jetzt plötzlich solche Furore macht.

Aber es ist doch ein Unterschied, ob man seine grundsätzliche Meinung zu Tolerierung oder Koalition bekannt gibt, oder ob man damit mitten in Verhandlungen platzt. Diese Entscheidung hat sich ja die MVV vorbehalten.

Die ist doch nach wie vor der MVV vorbehalten. Aber wir müssen doch auch jetzt schon diskutieren, worauf das hinauslaufen kann.

Die AL hat heute erklärt, Eure Statements in Bonn seien „persönliche Äußerungen“ gewesen. Ihr steht aber im Augenblick an zentraler Stelle der Verhandlungen, im „Licht der Öffentlichkeit“, wie man so schön sagt. Euer Verhalten rangiert unter dem Stichwort dilettantisch, politisch instinktlos. Wo ordnest Du das ein?

Nein, ich muß doch auch auf den politischen Willensbildungsprozeß Einfluß nehmen können. Ich bin doch nicht nur Ausführender in der Kommission. Unsere Parteistrukturen sind nun mal so, daß wir öffentlich tagen, öffentlich diskutieren, und die SPD muß sich entscheiden, ob sie das aushalten kann. Die Zusammenarbeit mit der Alternativen Liste wird zwangsläufig einen streitbaren Charakter haben müssen. Wenn wir das vier Jahre machen wollen, wird es noch öfter Punkte geben, die der jeweilig anderen Partei nicht passen.

Die AL ist aber nicht mehr in derselben Situation wie vor dem 29. Januar. Sie muß sich damit auseinandersetzen, daß die Öffentlichkeit sich mit dem auseinandersetzt, was da diskutiert wird. Hättet Ihr nicht deutlicher machen müssen, was persönliche Meinung und was Parteilinie ist?

Ich bin der Meinung, daß völlig klar gewesen ist, daß das persönliche Meinungsäußerungen sind. Abgesehen davon, haben wir in Bonn das Essential-Papier gegen Kritik auch verteidigt.

Inwieweit stimmt denn der Eindruck, daß Ihr mit diesen Statements die Notbremse gezogen habt, für den Zug, der jetzt in Richtung Koalition abfährt?

Wenn damit gemeint ist, daß wir versucht haben, irgendwas zu provozieren oder zu torpedieren, muß ich das entschieden dementieren.

Interview: bf