Schertz entsetzt, Müllenbrock wettert

■ Polizeipräsident will REP-Werbung von Direktor Ernst nachgehen / Müllenbrock ist sauer über SPD-Pätzold

Polizeipräsident Schertz will dem auch seiner Meinung nach „schwerwiegenden“ Vorwurf gegen den für Neukölln und Kreuzberg zuständigen Polizeidirektor Ernst unverzüglich nachgehen. „Entsprechende Schritte“, hieß es gestern in einer Presseerklärung, seien bereits eingeleitet. In einem Brief hatte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Pätzold, darauf hingewiesen, daß Ernst und seine engsten Mitarbeiter sich „beinahe gezielt werbend“ für die Partei der „Republikaner“ gegenüber Kollegen verhalten hätten. Pätzold hatte dies als „unfaßbaren Vorgang“ bezeichnet und Schertz zu dienstlichen Konsequenzen aufgefordert. Ernst, einer der höchsten Polizeiführer Berlins, soll nach verläßlichen SPD-Informationen unter anderem gesagt haben, daß „nichts gegen, ja sogar manches für eine Wahl der eindeutig demokratischen Partei der 'Republikaner'“ spreche. (In den Verantwortungsbereich des Polizeidirektors fällt zum Beispiel die EbLT und der 1.-Mai-Einsatz in SO 36.) Pätzolds Brief, der bereits vergangenen Donnerstag abgeschickt wurde, ist nach Bekunden des Polizeipräsidenten jedoch bis heute nicht bei ihm eingetroffen.

Wie ein Polizeisprecher gestern mitteilte, hat Polizeidirektor Ernst inzwischen eine Erklärung zu dem Vorwurf abgegeben. Zum Inhalt dieser Stellungnahme teilte die Polizei allerdings nichts Näheres mit. Scharf verurteilte unterdessen Innen-Staatssekretär Müllenbrock die Veröffentlichung des Pätzold-Briefes.

Mit dieser „ausgesprochen unfairen Art der Auseinandersetzung“ müsse jetzt Schluß sein. „Ganz gleich, welcher Art die Kritik ist, die ein Abgeordneter an einem bestimmten weisungsunterworfenen Beamten üben zu müssen glaubt, es geht nicht an, dies unter Namensnennung in der Presse zu tun“, hieß es gestern in einer Mitteilung. Der betroffene Beamte könne sich nicht auf gleichem Wege zur Wehr setzen. Es könne kein Zufall sein, daß „derartige Protestbriefe des Abgeordneten Pätzold stets zuerst die Medien und erst Tage später den eigentlichen Adressaten“ erreichten.

Egon Franke von der rechtsaußen angesiedelten Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete den Vorwurf als „unerträglichen Höhepunkt“ von Haßtiraden Pätzolds gegen die Polizei. Hier werde eine „Diffamierungskampagne gegen einen der fähigsten und anständigsten Polizeiführer Berlins“ entfacht. Franke forderte die Polizeiführung deshalb auf, sich auf die Seite von Ernst zu stellen.

SPD-Chef Momper ermunterte Franke, Pätzold „endlich das Schreibzeug wegzunehmen“, da jeder weitere offene Brief auf die SPD zurückfallen werde.

bim