: Blasse Nostalgie
■ S T A N D B I L D
(Hotels, 19.2., ZDF, 19 Uhr 30) Ins goldene Ghetto der Paradiesvögel, auf die Spielwiese der Götter begibt sich der unkonventionell in Windjacke, Jeans und Turnschuhe gekleidete Bud Court, der den meisten als Jüngling aus dem Spielfilm aus Harald und Maud bekannt sein dürfte. Im „Hotel de Paris“ beim Liebling der Regenbogenpresse im fürstlichen Monaco startete das ZDF seine Serie Geschichte und Geschichten von Hotels.
Und wenn die einschlägigen Gäste und großen Tiere des 120 Jahre alten Hotels im Schwarz-weiß-Streifen Revue passieren
-die fazinierende Greta Garbor umschmeichelt von Geigenklängen des sie bewundernden Louis Frosio, Churchill, dessen entflohener Papagei die monegassische Feuerwehr und Polizei mobilisierte, oder das Liebespaar einer strahlenden Epoche: Onassis und die Callas - da ahnt man den Flair vergangener Zeiten - irgendwie. Doch ohne Neid, denn wie der unkomplizierte Bud Court im First-Class-Restaurant des „Hotels Louis XV“ bei ausgewähltem Menü mit Ketchup und Cola light zu versichern weiß: ob Hochwürden oder die Dame am Tisch nebenan, hier ist man erschreckend arrogant. Und nicht nur das: Im renovierten Hotel zeugen höchstens noch Interieur von Foyer und Restaurants von der verschwundenen Pracht, die Zimmer sind durch Restauration im Luxuseinheitsstil gehalten, und Monte Carlo mit seinem Spielcasino degenerierte längst zum mediterranen Las Vegas. Trotz massiven Protestes des einflußreichen Onassis, der diesen Ort zum Symbol seines sagenhaften Aufstiegs auserkor und aufkaufte. Und auch die ältere Dame, die seit vierzig Jahren bis heute im Hotel wohnt, weiß statt der Vorzüge ihrer Boheme-Existenz nur lapidar die Kosten dieses Lebensstil zu erwähnen. Die banale Geschichte verlorenen Glanzes.
Bleibt also nur die Nostalgie der Geschichten: doch die blieben unlebendig, fad, klischeehaft. Die Einblendung eines zigarrenrauchenden Churchill und einer tief-in-die-Augen -blickenden Greta Garbor, einer innig singenden Callas oder eines galant tanzenden Fürsten suggerieren zwar das „Reich der Genüsse“, entführen aber noch lange nicht zum Schwelgen. Da bleibt einem dann nur der Trost, eigentlich doch nichts versäumt zu haben. Dabei hätte ich so gern eine dreiviertel Stunde unbeschwert Luxus genossen und durchs Schlüsselloch einen Hauch von mondänem Leben mitbekommen. So gab's tatsächlich nur Cola light statt Champagner.
Edith Kresta
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen