Indianer gegen Staudammbau

■ In Altamira treffen sich Indianer wegen der Zerstörung ihrer Lebensgebiete / Die EG, Weltbank, Japan und die BRD unterstützen Wahnsinnsprojekt / Rechtsradikaler Anschlag auf das Treffen

Altamira (dpa/afp/taz) - Mit einer indianischen Willkommenszeremonie begann in der brasilianischen Amazonasstadt Altamira am Montag das erste Treffen der Indianerstämme aus dem Lebensraum des Xingu-Flusses, an dem von 1993 an nach und nach sechs Staudämme zur Produktion elektrischer Energie errichtet werden sollen.

Die Indianer - unterstützt von Ökologen aus aller Welt protestieren gegen die damit verbundene Vernichtung ihrer Lebensgebiete. Bis zum Montag waren etwa 300 Vertreter von zwanzig eingeborenen Völkern sowie Repräsentanten nordamerikanischer Indianer in Altamira eingetroffen. Zu dem von Payakan, dem Häuptling der Kaiapo-Indianer, initiierten Treffen werden neben Umweltschützern auch Vertreter des für den Staudamm verantwortlichen staatlichen Energiekonzerns Eletronorte erwartet.

Sollten die sechs Staudämme am Xingu-Fluß gebaut werden, würde eine Gesamtfläche von etwa 18.000 Quadratkilometern überflutet. Das Projekt am Xingu-Fluß ist Teil des gigantischen „Plano 2010“, der bis zu jenem Jahr den Bau von 136 neuen Staudämmen vorsieht und die Vertreibung von einer halben Millionen Menschen sowie die Zerstörung riesiger Regenwaldflächen in Kauf nimmt. Das Wahnsinnsprojekt, das vor allem die Energie zur Ausbeutung der Bodenschätze des Amazonas bereitstellen soll, wird von der EG, der Weltbank, der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie japanischen Großbanken finanziert. Ob eine zweite Tranche des Weltbankkredits - möglicherweise in Höhe von 500 Millionen Dollar - ausgezahlt wird, hängt vermutlich wesentlich vom Votum der Bundesrepublik ab. Die erste Tranche war 1986 mit ihren Stimmen und gegen die Stimmen der USA verabschiedet worden, die unter starkem Druck der Ökologiebewegung im eigenen Land stand.

Als prominenter Ausländer traf am Montag der englische Popsänger Sting in Altamira ein, der am Sonntag in Brasilia mit Staatspräsident Jose Sarney über eine mögliche Ausweitung der Indianerreservate im Amazonas diskutiert hatte. Sting und Rauni, Brasiliens bekanntester Schamane, wollem 12. April in Paris eine internationale Kampagne zur Rettung des Amazonas-Regenwaldes starten und dann in verschiedenen europäischen Ländern, den USA, Japan und China auftreten.

Einen Tag vor der Eröffnung des Treffens in Altamira hatten sich am Sonntag auch die Befürworter des Staudammprojekts zu Wort gemeldet: Unbekannte feuerten fünf Schüsse auf die Unterkünfte ab, die die Kirche angereisten Indianern außerhalb der Stadt zur Verfügung stellte. Der rechtsradikale Großgrundbesitzerverband UDR sagte für Montag nachmittag (nach Redaktionsschluß) eine Demonstration an. Die 38.000 Einwohner zählende Stadt ist überschwemmt von Plakaten, auf denen „Fortschritt mit Energie“ verlangt wird.

thos