„Erneuerung“ als Worthülse

Fortsetzung des DKP-Parteitags am Wochenende in Wuppertal / Frauenquotierung beschlossen / Erneuerer nicht in die Programmkommission gewählt / Kritik an Atomenergie hüben und drüben  ■  Aus Hamburg Jan Feddersen

Die 650 Delegierten auf dem DKP-Parteitag am Sonnabend in Wuppertal hatten den Termin eigentlich gar nicht in ihre Jahresplanung mitaufgenommen. Doch weil auf dem Frankfurter Parteikonvent Anfang Januar wegen erstmals nicht stromlinienförmiger Diskussionen und einer umfangreichen Personaldebatte das vom Vorstand gesteckte Pensum nicht absolviert werden konnte, wurde die Fortsetzung der Beratungen nötig. 250 Anträge standen zur Diskussion, hauptsächlich jedoch ging es um eine grundsätzlich ablehnende Haltung zur Atomtechnologie, zur Demokratisierung der Parteistrukturen und um die Etablierung der Quotierung aller Vorstandsposten für Frauen.

Der mehrheitlich traditionalistisch orientierte Parteivorstand hatte bereits am Vorabend der offiziellen Tagung einige Weichen gegen eine gründliche Renovierung der Partei gestellt: So wurden die in Frankfurt aus dem Vorstand gekippten prominenten Köpfe der Erneuerer, Vera Achenbach und Steffen Lehndorff, nicht in die Programmkommission gewählt. In der Kommission, die sich mit der Organisationstruktur der beim Wahlvolk mit 0,3 Prozent beliebten Partei befassen soll, sitzen außer Wolfgang Gehrcke und Dieter Gautier auch nur Vertreter der Parteimehrheit.

Einige kleine Erfolge konnten die „Erneuerer“ dennoch verbuchen. So meint die DKP mittlerweile, daß es nicht nur lohnt, die bundesdeutsche Nutzung der Atomenergie zu kritisieren, sondern daß die Ablehnung der nicht beherrschbaren Technologie nun auch für Bauten im realen Sozialismus gilt. Die von der Mehrheit noch in Frankfurt abgelehnte Frauenquotierung wurde jetzt ins Statut genommen.

„Erneuerung“ ist allerdings in der DKP mittlerweile zur Worthülse verkommen. Fast kein Delegierter, keine Delegierte hat es versäumt, diesen Zauberbegriff in seinen/ihren Redebeitrag einzubauen. Daß die Traditionalisten es dann aber mit der Demokratisierung der Parteistrukturen nicht so ernst nehmen, bewies das Ergebnis zum Antrag auf demokratische, offene und öffentliche Parteidiskussionen: abgelehnt mit 310 zu 290 Stimmen.

Auch der Wunsch der „Erneuerer“, auf eine eigene Kandidatur zu den Europawahlen im Juni zu verzichten und statt dessen zur Wahl der Grünen aufzurufen, wurde abgelehnt. Offenbar hoffen die Mehrheitsströmung und Parteichef Herbert Mies, am 18. Juni mit einem hervorragenden Wahlergebnis endgültig die Daseinsberechtigung der DKP beweisen zu können.

Gehrcke, Hamburger DKP-Vorsitzender und einer der wenigen „Erneuerer“, der nicht der Kahlschlagsanierung der Mehrheit im Vorstand zum Opfer gefallen ist, ist sicher, daß sich in der Kommission für das Programm „BRD 2000“ herausstellen wird, „wer die Erneuerung will und wer nur so redet“.