Hormonmäster mit neuen Stoffen

NRW-Landwirtschaftsminister Matthiesen verdächtigt einzelne Mäster, auf neue Substanzen als Masthilfe zurückzugreifen / Clenbuterol auch bei belgischen Schweinen entdeckt / 8.962 Kälber notgeschlachtet  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die nordrhein-westfälischen Behörden haben Ende letzten Jahres bei der Kontrolle von belgischen Schlachtschweinen in mehreren Proben erhöhte Werte des Tierarzneimittels Clenbuterol festgestellt. Die im Bonner Schlachthof ermittelten Werte lagen zwischen 3,8 und 5,2 Mikrogramm pro Kilo Schweineleber. Der zugelassene Grenzwert liegt bei 2,5 Mikrogramm pro Kilo. Das Medikament Clenbuterol war zuvor schon von zahlreichen Kälbermästern mittels hoher Dosierung illegal als Masthilfsmittel eingesetzt worden. Dies wurde gestern auf einer Pressekonferenz vom Düsseldorfer Landwirtschaftsminister Klaus Matthiesen bekanntgegeben.

Inzwischen wird in Nordrhein-Westfalen außer bei Kälbern auch bei Schweinen und Rindern intensiv nach Hormon- und Tierarzneimittelrückständen gesucht. Nach den Worten von Landwirtschaftsminister Klaus Matthiesen gibt es den Verdacht, daß auf weitere Arzneimittel in immer „neuen Zusammenstellungen der Substanzen“ als Masthilfsmittel zurückgegriffen werde. Die Fahnder würden „im Rahmen von Schwerpunktaktionen in Nordrhein-Westfalen in die Ställe gehen, um mögliche neue Zusammensetzungen der illegalen Präparate feststellen zu können“. Für die Hormonsünder werde NRW zu „einem heißen Pflaster“. Im Zusammenhang mit dem Hormonskandal sind acht staatsanwaltliche Ermittlungeverfahren anhängig. In einem Fall ist Anklage erhoben, in zwei Fällen wurden Strafbefehle erlassen, in einem Fall eine Geldbuße verhängt.

Insgesamt sind auf Anordnung der Behörden im Zuge des Mästerskandals in NRW 8.962 Kälber notgeschlachtet worden. Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, daß die von einem saarländischen Tierschutzverein erworbenen 41 hormonverseuchten Tiere nicht getötet werden müssen. Die Tierschützer hatten gegenüber dem Gericht die Gewähr dafür übernommen, daß die Tiere nie mehr in den Lebensmittelkreislauf gelangen können. Wie Matthiesen am Montag mitteilte, haben die Tierschützer die Tiere für eine Mark pro Stück von dem Bruder des in Haft sitzenden Großmästers Felix Hying erworben. Laut Vertrag habe sich Werner Hying verpflichtet, für die Futterkosten dauerhaft aufzukommen. Zu den Motiven der Aktion wollte sich Matthiesen nicht äußern. Das Ministerium ist sich aber sicher, daß die Rettungsaktion für zukünftige Schadensersatzprozesse nichts hergeben wird. Nach Auffassung von Matthiesen, waren die Massentötungen wegen der Gefahr der illegalen Verbringung unumgänglich. Anders habe das Hormonverbot nicht kontrolliert und durchgesetzt werden können.