Tauziehen um John Tower

Die Tower-Saga hält Washington weiter in Atem / Abschlußbericht des FBI seit Montag bei Bush  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Seit Montag liegt im Weißen Haus der sechste und wohl letzte FBI-Report über John Tower vor. Gegen den designierten Pentagon-Chef sind im Verlauf des Bestätigungsverfahren im Senat massive Bedenken vorgebracht worden. Doch noch immer hält Präsident Bush an der Nominierung seines Parteifreundes aus Texas fest. Tower wird angelastet, er sei alkoholabhängig, führe ein ausschweifendes Sexualleben und könne in Interessenkonflikte geraten, weil er als Berater von Rüstungsfirmen hohe Honorare kassiert habe.

Mitglieder des Senatsausschusses befragten am Montag den Sicherheitsbeauftragten des Außenministeriums, Berne Indahl, der 1986 zu Ermittlungen nach Genf entsandt worden war. Damals war der Verdacht laut geworden, daß in der US -Delegation während der Genfer Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion gegen Geheimhaltungsvorschriften verstoßen worden sei.

Jetzt liegen Berichte vor, daß Tower als Abrüstungsunterhändler in Genf mehr als lax mit wichtigen Unterlagen umgegangen sei, daß geheime Dokumente offen herumlagen und daß Mitglieder der Delegation offen für Annäherungsversuche sowjetischer Agentinnen gewesen seien. In einem Untersuchungsbericht der CIA wird ein Zeuge zitiert, der die Party-Aktivitäten einiger Delegationsmitglieder beschreibt: „Es war ekelerregend, einige Leute tranken aus dem Schuh eines Delegationsmitglieds, mehrere waren so betrunken, daß ihnen schlecht wurde.“ Das ist harter Tobak für die ehrenwerten Männer im Senat, die ihrem einstigen Kollegen zunächst mit der gebührlichen Noblesse begegnet waren.

Schon bei seinem Wahlsieg im November war George Bush sich im Klaren darüber, daß ein Konflikt mit dem Kongress unvermeidlich sei, falls er Tower als neuen Pentagon-Chef nominieren würde. Doch damals war für Bushs engste Mitarbeiter die Frage vor allem, ob Tower als der Mann präsentiert werden könne, der das Pentagon reformieren werde. Zweifel gab es daran, weil Tower im Senat während Reagans erster Amtszeit den Generälen jeden Wunsch von den Lippen abgelesen hatte und weil er später, als Lobbyist, bei den so zu Reichtum gekommenen Rüstungsfirmen seinerseits kräftig abkassiert hatte.