Von Rot nach Grün und retour

Ex-Bundesvorstandsmitglied Brigitte Berthold verläßt die Grünen / Landesverband Saar sei „überflüssig“, „politikunfähig“ und „autistisch“ / Ein „persönliches Dilemma“ der Ausgetretenen  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Zunächst wollte der grüne Landesverband aus dem Saarland schweigen, doch dann lief die Nachricht über den Ticker: Das frühere Bundesvorstandsmitglied der Grünen, Brigitte Berthold, erklärte gestern ihren Austritt und kündigte an, SPD-Mitglied zu werden. Zu den schweren Vorwürfen gegen die Öko-Partei nahm sie kaum Stellung. Statt dessen erklärte Landesvorstandssprecher Michael Burkert gegenüber der taz: „Brigitte Berthold zog wohl in erster Linie die Konsequenz aus ihrem Scheitern bei den letzten Vorstandswahlen. Ihr persönliches Dilemma bestand darin, nicht mehr mehrheitsfähig zu sein.“

Vor neun Jahren, so die 38jährige Lehrerin in ihrer vierseitigen Erklärung, „habe ich die SPD wegen ihres Atomkurses sowie der Unterdrückung ihres ökologischen Flügels unter Erhard Eppler und der Wachstumsökonomie unter Helmut Schmidt verlassen“. In der Folgezeit baute Berthold den saarländischen Landesverband der Grünen mit auf, war im Bundeshauptausschuß und von 1983 bis 1988 im Bundesvorstand tätig. Für die Schubladenmenschen sei hinzugefügt: Berthold wird den Realos zugerechnet. Kritik an den Grünen und Hinwendung zur SPD bezieht sie vornehmlich auf die beiden Landesverbände. Während sie bei den Sozialdemokraten „eine ökologisch-programmatische Erneuerung“ entdeckte, hält sie die Grünen-Saar schlicht für „überflüssig“ und „politikunfähig“. Auf Landesebene „wie aber auch auf Bundesebene (herrscht) der Postenschacher, Parteienklüngel, Machtkonzentration einer Clique in Saarbrücken. (...) Der Ausstoß von zehn Presseerklärungen pro Tag wurde verwechselt mit praktischer, gestalterischer, offensiver Politik“. Die Grünen im Saarland, so heißt es weiter in der Erklärung, „realisieren in ihrem politischen Dilettantismus sowie Autismus nicht mehr, daß sie ein so hoffnungsvoll begonnenes historisches Projekt 'Die Grünen‘ zerstören“.

Derartige Vorwürfe empfinden die überraschten Grünen „Brigitte wurde noch letzte Woche von ihrem Mann als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl vorgeschlagen“, so Vorstandssprecher Burkert - „als Schlag unter die Gürtellinie“. Selbstverständlich habe die Partei „Themen im Umweltbereich besetzt. Aber als nicht im Landtag vertretene Oppositionspartei haben wir keinen Zugang zu den Medien.“ Näheres wird auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben.