Offener Brief an den „Verein El Salvador libre“

Liebe Freunde,

daß Ihr für 7.000 DM unter dem Titel Waffen für El Salvador einen Aufruf als ganzseitige Anzeige in der taz schalten wollt, könnte uns ja nur freuen. Immerhin geht es ja auch um unser Anliegen. Wie Ihr im übrigen vielleicht wißt, nehmen wir umstandslos alle Anzeigen ins Blatt, es sei denn, sie würden unter das Verdikt des Sexismus oder Rassismus fallen - aber auch Anzeigen, in denen Halbwahrheiten über uns verbreitet werden, lehnen wir ab.

In der Einleitung zum Aufruf schreibt Ihr: „Engagierte Zeitungen, Zeitschriften und Radios haben sich unserer Kampagne angeschlossen und den Aufruf, der unsere politische Begründung für die Reaktivierung der Kampagne ist, veröffentlicht. Nicht so die TAZ. Deshalb weichen wir auf den Anzeigenteil aus.“ Ihr unterschlagt die Tatsache, daß die taz im Juli mit der vom Bundestreffen der Mittelamerika -Solidaritätsgruppen damit beauftragten Berliner Soli-Gruppe (die den „Verein El Salvador libre“ kurz danach mitgegründet hat) die Veröffentlichung desselben Aufrufs, den Ihr jetzt als Anzeige schalten wollt, abgesprochen hat. Er wäre auf einer ganzen Seite im redaktionellen Teil erschienen, wenn Ihr nicht in einer spätabendlichen Aktion den vereinbarten Text aus dem Layout geholt und eine ganz andere Seite mit einer gehässigen Polemik gegen die taz („Ein Medium verliert seine Legitimation“, taz vom 19.7.1988) in unser Blatt geschmuggelt hättet.

Damals war Euch offenbar die öffentliche Anmache der taz in der taz wichtiger als der Aufruf Waffen für El Salvador. Nun, das war Eure Entscheidung, die - abgesehen vom offenen Vertrauensbruch, den die Mißachtung der getroffenen Absprache darstellt - uns nichts angeht. Ihr habt uns nun mitgeteilt, daß Ihr die Anzeige zurückzieht, wenn der oben zitierte Satz gegen die taz in der Einleitung zum Aufruf nicht erscheint. Wir schließen daraus, daß Euch der Kleinkrieg gegen die taz nach wie vor wichtiger ist als das vorgetragene Anliegen, Geld für Waffen für die salvadorianische Guerilla zu sammeln. Daß Ihr die Anzeige just in unserem Blatt - und immerhin für 7.000 DM plazieren wolltet, wo doch ohnehin jeder taz-Leser weiß, daß es die taz-Kampagne Waffen für El Salvador gibt, und das Konto regelmäßig veröffentlicht wird, lassen wir gern Euer Problem sein. Im übrigen schlagen wir aber vor, das Geld direkt aufs Sonderkonto 288 59-107, Postgiroamt Berlin-West, BLZ 100 100 10, Freunde der alternativen Tageszeitung, zu überweisen, Stichwort: Waffen für El Salvador.

Im Auftrag des taz-Vorstands Thomas Schmid

PS. Die Form des „offenen Briefes“ haben wir gewählt, weil wir weiteren Gerüchten und Halbwahrheiten, die offenbar allein auf die Diskreditierung der taz in der Solidaritätsbewegung abzielen, keinen Vorschub leisten wollen.