Todessturz durch Personal ausgelöst?

Erklärung tamilischer Passagiere zum Sprung auf das Rollfeld des Rhein-Main-Flughafens  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

Noch immer ist ungeklärt, warum am Sonntag auf dem Frankfurter Rhein-Main-Flufhafen drei Tamilen aus einer Maschine der Air Lanka auf das Rollfeld sprangen. Ein Mann war dabei getötet, einer schwer verletzt worden. Der taz liegt seit gestern das Gedächtnisprotokoll von fünf tamilischen Passagieren vor, die den Vorfall miterlebten.

Darin heißt es: „Wir, zwei Frauen und fünf Männer, sind am 19.2.89 um 1.30 Uhr von Colombo angereist.“ Während einer Zwischenlandung in Abu Dhabi seien sechs von ihnen von der Air Lanka die Pässe abgenommen worden. Angestellte der Luftlinie hätten sie auch während des Fluges bewacht, indem sie sich vor und hinter ihnen auf die Sitze gesetzt hätten. Beim Anflug auf Frankfurt habe der Purser ihnen ihre für Paris gebuchten Tickets abgenommen. Sie seien dann alle sieben daran gehindert worden, auszusteigen. Als sie verlangten, die westdeutsche Polizei zu sprechen, um einen Asylantrag zu stellen, sei ihnen dies vom Personal verweigert worden. Daraufhin habe der später Verstorbene nach einer offenen Tür gesucht und am Flugzeugende eine offene Cargo-Luke entdeckt. Durch diese seien er und ein anderer, der sich dabei schwer verletzte, gesprungen. Ein dritter sei ebenfalls durch die Luke, aber unverletzt entkommen.

Der Bruder des Toten, der gestern zur Identifizierung der Leiche anreiste, berichtete, daß dieser in Sri Lanka politischer Verfolgung ausgesetzt und vor seiner Flucht von indischen Soldaten inhaftiert worden war.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft, die am Montag mitteilte, es liege kein Straftatbestand vor, weil die Tamilen „von niemandem geschubst“ worden seien, prüft jetzt, „ob sie ermitteln soll“. Bisher sei nur bekannt, daß das Flugpersonal auf die Passagiere eingeredet habe, mit welcher Heftigkeit, sei bisher nicht bekannt.

Manager Fischer von der Air Lanka drohte der taz gestern gerichtliche Schritte an. Sein Personal lasse „sich nichts zuschulden kommen“. Außerdem kenne er Sri Lanka, Passagiere aus diesem Land reisten oft mit falschen Papieren, daher seien auch ihre Aussagen nicht zuverlässig.

Der Bundesgrenzschutz ging erst nach dem Vorfall an Bord. Er berichtete, daß zwei weitere Passagiere die Maschine schon vorher durch den Vordereingang verlassen hatten. Vier weitere baten den BGS dann in der Maschine um Asyl.

Hintergrund des Todesfalles ist möglicherweise die Angst der Fluggesellschaften, Passagiere ohne gültige Papiere könnten das Flugzeug verlassen und einen Asylantrag stellen. Die Flugesellschaften müssen dann pro Person mittlerweile mehrere tausend Mark zahlen. Diese Sanktionen hatte die Bundesregierung gegen die Fluggesellschaften erlassen, damit diese ihre Passagiere schärfer kontrollieren sollen.