„Ich stehe fest zwischen allen Stühlen“

■ Justizsenator Kröning will SPD zu vollem kommunalem Ausländerwahlrecht bringen hier bitte die gefaxte Karikatur

„Ich bin ein Anti-Nationalist“, rief Justizsenator Volker Kröning gestern, „ich bin nicht für eine multikulturelle, sondern für eine internationale Gesellschaft“. Kröning hatte kurzfristig die Bremer Presse geladen, um seine Position zum Ausländerwahlrecht, für die er von seinen Genossen angefeindet worden war, zu erläutern.

Ihm gehe es überhaupt nicht um eine Behinderung des ab 1991 geplanten Beiräte-Wahlrechts für alle Menschen fremder Paßfarbe, die seit vier Jahren in Bremen leben. Aber dieses Beiräte-Wahlrecht sei „noch lange kein Einstieg in ein kommunales Wahlrecht“, ergänzte Kröning, „wer das sagt, betreibt Augenwischerei“.

„Im Senat, in der Fraktion und in der Partei wird der Unterschied verwischt“, kritie Kng. Seiner Meinung nach sei ein echtes kommunales Ausländerwahlrecht in Bremen nur dadurch zu erreichen, daß AusländerInnen auch die Bürgerschaft mitwählen dürfen. Wer dies jedoch für alle - EG -Bürger, Türken, Marokkaner usw. - fordere, der vertage das Thema „bis ins Jahr 2010“. Kröning hält dagegen das Landtagswahlrecht für EG-Bürger schon ab 1993 für möglich und das auch „ohne Änderung des Grundgesetzes und der bremischen Landesverfassung.“ Ein „pauschales Ausländer -Wahlrecht“ sei dagegen „politisch nicht vermittelbar und juristisch ausgesprochen riskant“. Es würde vom Karlsruher Verfassungsgericht „mit großer Wahrscheinlichkeit“ wieder gekippt.

In seiner eigenen Partei kämpft Kröning damit nach zwei Seiten: Diejenigen Genossen, die sich mit einem Beiräte -Wahlrecht für AusländerInnen begnügen wollen, weist er auf das SPD-Programm, den „Bremen-Plan“, hin, in dem ein volles kommunales Wahlrecht gefordert wird. Und diejenigen, die wie die SPD in Schleswig-Holstein ein kommunales Wahlrecht für alle AusländerInnen einführen wollen, deren Herkunftsländer ein gleiches Recht für Bundesdeutsche zusichern, hält Kröning für unrealistisch. „Ich stehe fest zwischen allen Stühlen“, sagte Kröning als „noch Bremer Senator“.

„Dies hat nichts mit anti-polnischen, anti-jugoslawischen oder anti-türkischen Affekten zu tun“, verteidigte sich Kröning gegen den Vorwurf, sein Vorschlag eines vollen Wahlrechts für EG-Bürger diskriminiere die Mehrheit der Arbeitsemigranten. Ihre Gleichstellung mit EG-Bürgern beim Wahlrecht bewege sich jedoch „auf verfassungsrechtlichem Dünneis sondergleichen“. In den nächsten zehn Jahren bahne sich der „Status eines EG-Bürgers“ an, andere Nationalitäten sollten das Recht einer doppelten Staatsbürgerschaft - und damit ebenfalls umfassendes Wahlrecht bekommen.

Bürgermeister Henning Scherf hatte Krönings Vorstoß am Montag als „desorientierend“ bezeichnet und Bürgermeister Klaus Wedemeier kommentierte am Dienstag in einem Fernseh -Interview den Streit in seinem Senat nur mit den Worten: „Gottseidank bin ich kein Jurist.“

Ase