Blocklanddeponie wird vergrößert

■ Umweltsenatorin Lemke-Schulte wehrt sich gegen Kritik am Abfallwirtschaftsplan Umweltverbände wenig interessiert / Bisher kein Zeitplan für Schließung der MVA

„Bremen ist einsam an der Spitze, was die Abfallverwertung angeht“, ist die zuständige Senatorin Eva-Maria Lemke -Schulte überzeugt. Trotzdem mußte sie gestern in einem Gespräch mit der taz eine unpopuläre Maßnahme eingestehen: Die Erweiterung der Bremer Blocklanddeponie. Das Planfeststellungsverfahren ist jetzt eingeleitet worden. Zwar hätten die extremen Gebührenerhöhungen für Baumüll und andere Stoffe, die „wir hier nicht haben wollen“, zu einer Reduzierung der Müllmengen geführt, aber die Kapazität der Deponie ist erschöpft und Ablagerflächen für den nicht wiederverwertbaren Restmüll müßten doch zur Verfügung gestellt werden.

Die drastische Gebührenerhöhung für bestimmte Müllarten ist Bestandteil des Abfallwirtschaftsplans, den die Umweltbehörde als Entwurf im Dezember des letzten Jahres den anderen Fraktionen zur Diskussion vorgelegt hatte. Über die Reaktionen ist die Senatorin enttäuscht. Statt der erhofften konkreten Anregungen und Ideen für die Weiterentwicklung einer gemeinsam getragenen Müllpolitik sei der Entwurf zu sehr zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung gemacht worden.

So habe beispielsweise der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Niederbremer eine Zusammenarbeit angeboten, gleichzeitig habe seine Partei aber lediglich an dem „zögerlichen Zeitplan“ genörgelt. Unverständlich ist der Senatorin die Kritik der Grünen, die in

einer ersten Stellungnahme konkrete Taten vermißten und sich insbesondere gegen den Einbau einer Rauchgaswaschanlage in der Bremer MVA ausgesprochen hatten. Für Lemke-Schulte ist diese Anlage unerläßlich: „Zur Reinhaltung unserer Luft muß alles technisch mögliche getan werden. Umweltpolitische Erfolge auf Kosten der Luftreinhaltung sind nicht möglich“.

Am 1. März tritt die neue Technische Anleitung Luft in Kraft. Dann gelten wesentlich niedrigere Werte für die Schadstoffabgabe. Diese werden derzeit von Bremer MVA allerdings nicht eingehalten, ja zum Teil um das Hundertfache überschritten. Trotzdem sieht die Senatorin keinen Anlaß, die Anlage stillzulegen. Schließlich könne die Rauchgaswäsche nach den Planungen im Herbst beginnen, und bis zu diesem Zeitpunkt liege eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb der MVA vor. Für die durch das öffentliche Genehmigungsverfahren erfolgte Verzögerung sei sie nicht verantwortlich zu machen.

Nach den Vorstellungen der Senatorin soll die Bremer MVA 1995 geschlossen werden. Die Vermutung, daß der Einbau einer Rauchgaswaschanlage einen längeren Betrieb gewährleisten soll, wies Lemke-Schulte zurück. Jetzt soll es „ernsthafte Gespräche“ mit der Seestadt Bremerhaven über eine gemeinsame Nutzung der dortigen Müllbeseitigungsanlage geben. Die müßte dann ggf. mit einem weiteren Kessel ausge

stattet werden. Jedenfalls sollen die wieder aufgenommenen Verhandlungen zwischen Bremerhaven und den Nachbargemeinden nach den Vorstellungen der Bremer Senatorin vorerst zurückgestellt werden: „Daß hier Müll zu Dumpingpreisen angenommen wird, ärgert mich“.

Diese Überlegungen änderten aber nichts an der generellen Orientierung, daß eine Verminderung und Wiederverwertung des Abfalls im Mittelpunkt der Müllpolitik stehen müsse. Hier werde jetzt mit Getrenntmüllsammlungen in den Großwohnanlagen begonnen. Die Problemmüllsammlungen in den Haushalten sollen intensiviert werden. So ist der Bau einer Sortieranlage und der Einsatz eines weiteren Sammelmobils geplant. Das Sondermüllaufkommen aus der Bremer Industrie soll reduziert und neue Wege der Wiederverwertung des Restmülls erforscht werden. Dafür ist die Gründung einer Gesellschaft unter Bremer Beteiligung vorgesehen.

Der FDP warf die Senatorin vor, sich aus der abfallpolitischen Diskussion verabschiedet zu haben. Die Kritik sei widersprüchlich und vermittle den Eindruck, daß der Entwurf nur „zu einem Viertel“ gelesen worden sei. Die Umweltverbände haben sich bisher noch nicht öffentlich zu dem Entwurf geäußert. Für Pösel, Abfallreferent in der Umweltbehörde , ist klar: „Die haben verstanden, daß in unserem Entwurf sehr viel drin ist. Ich erwarte hier eine eingehende und qualifizierte

Stellungnahme“. Das diese Erwartungen erfüllt werden, scheint eher unwahrscheinlich. Helmut Horn, Vorsitzender des BUND, zu dem Abfallwirtschaftsplan: „Es ist zu lachhaft, sich damit zu befassen. Die zugrundegelegten Daten sind einfach nicht ausreichend“. om