Standbild: Mehr Mut

■ Im Brennpunkt: Khomeinis Inquisition

(Im Brennpunkt: Khomeinis Inquisition, Mittwoch, 22.2., 21.45 Uhr, ARD) Man mochte es kaum glauben, da hatte die kleine alternative taz, gegen alle Einwände, die von Khomeini inkriminierten Textpassagen der Satanischen Verse Salman Rushdies publiziert, hatte, wie Renate Bütow in der Brennpunk-Sendung berichtete, Mut bewiesen, der auch vom Leser belohnt wurde, die taz war ausverkauft, der großen Anstalt ARD aber fehlte selbige. Immerhin erinnerte sie sich daran, daß bereits Rudi Carell vor zwei Jahren in seiner Tagesshow die Gemüter der fundamentalistischen Moslems erregt hatte. Und immerhin wurde angemerkt, daß die Reaktion des Fernsehens auf die drohenden Proteste einem Kniefall gleichkamen; anstatt aber den Unterwäsche tragenden Khomeini, der die Gemüter so erregt hatte, zu dokumentieren, gab man sich kleinmütig mit vornehmen Umschreibungen der Satire zufrieden. Alles andere war guter Fersehjournalismus mit den Ingredienzien Information und Moderation.

Das Thema - der aufsehenerregende Mordauftrag aus Teheran wurde in all seinen Facetten ausgeleuchtet. So fehlte ein Beitrag über die politische Situation im Iran, zehn Jahre nach der Revolution - „man nimmt Abschied von der revolutionären Selbstüberschätzung“ - ebensowenig wie ein Bericht über die Hochburg der strenggläubigen, einer rigorosen Moral verpflichteten Moslems in Bradford, die den Stein ins Rollen gebracht hatten. Auch Reinhold Neven DuMond, der Verleger von Kiepenheuer&Witsch, der nicht ganz glaubhaft vermitteln konnte, warum das Buch erst im Herbst erscheinen kann, war im Studio. Der filmische Hinweis auf die wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik war genauso wichtig wie der Versuch, das Gotteslästerliche des Buches zu erörtern, was allerdings mißlungen ist. Wissenschaftlicher Sprachduktus läßt sich nur schwer in das Timing einer dreiviertelstündigen Informationssendung pressen. Fritz Pleitgen, hinter dem dekorativ senkrecht auf dem Tisch stehenden Buch, führte sachlich und kompetent durchs Thema, immer ein wenig drängend.

„Ich bin bereit, Rushdie persönlich zu töten“, sagte einer der britischen Moslems mit funkelnden Augen in die Kamera. Da war er, der Fanatismus, den wir aus den Nachrichtensendungen kennen, aus den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Iran und dem Irak. Das Todesurteil, im fernen Teheran von Khomeini gefällt, hat seine potentiellen Vollstrecker mitten unter uns. Mit kleinmütigen Umschreibungen ist ihm nicht Herr zu werden.

ks