Esberitox - eine „Art von Betrug“

■ Bremer Pharmakologie-Professor Peter Schönhöfer warnt vor Anti-Grippe-Mittel / Wirksamkeit nicht erwiesen, Gefährdungen nicht ausgeschlossen / Linderung von Beschwerden durch 'Placebo'-Effekt

Während natürliche Heilmittel gegen Husten, Grippe, Heiserkeit derzeit einen wahren Boom erleben, wird auch die medizinische Debatte um ihre Wirksamkeit und Gefährlichkeit wieder intensiver. Der Bremer Pharmakologie-Professor Peter Schönhöfer hat jetzt vor einer Verwendung von Medikamenten gewarnt, die Substanzen der Echinacea-Pflanze beinhalten. Hierunter fallen auch die Anti-Grippe-Mittel Esberitox und Echinanzin, die sich einer sprunghaft zunehmenden Beliebtheit erfreuen.

„Bisher liegen von diesen Medikamenten keine Wirksamkeitsnachweise vor, obwohl sie möglich wären“, sagt Schönhöfer. Zwar gebe es eine Vielzahl von Untersuchungen, die aber einer kritischen Üerprüfung nicht standhielten. Daß viele Menschen durch die Mittel eine Linderung ihrer Erkrankungen und eine vorbeugende Wirkung empfinden, ist für den Professor eine andere Frage: „Das hängt mit der subjektiven Erwartung an die heilende Wirkung des eingenommenen Medikaments zusammen, dem sogenannten Placeboef

fekt“. Dies sei auch sinnvoll, sage aber nichts über die Wirksamkeit der Medikamente aus. „Die Hersteller versprechen die Verhinderung von Infektionskrankheiten,

ohne dies zu beweisen. Das ist meines Erachtens eine Art von Betrug.“ Noch wichtiger ist dem Mediziner aber die mögliche Gefährdung, die von diesen Mitteln

ausgeht.

Bis 1981 wurde auch dem Osterluzeikraut eine die Körperabwehr stärkende Wirkung zugeschrieben. Durch Tierversuche

konnte aber nachgewiesen werden, daß die Aktivierung und Vermehrung von Zellen des körperlichen Abwehrsystems Ausdruck einer krebserzeugenden Wirkung waren. Damals wurden vom Bundesgesundheitsamt 300 Medikamente mit dieser Substanz aus dem Markt genommen. Daraus kann nach Auffassung von Schönhöfer nur eine Konsequenz gezogen werden: „Wenn ein Stoff in der Lage ist, die Zellen des Immunsystems zu vermehren und zu stärken, muß ausgeschlossen werden, daß es nicht auf einer krebserzeugenden Wirkung beruht. Dies kann durch Untersuchungen am Tier sichergestellt werden.“ Dies geschehe derzeit aber nicht.

Diese Sicherheitsphilosophie werde bei chemischen Mitteln heute generell angewendet und sei auch im Interesse des Patientenschutzes erforderlich. Darüber hinaus stehe sie im Einklang mit der gültigen Gesetzgebung, die im Rahmen des sogenannten Contergan-Prozesses den Gesundheitsinteressen der Bevölkerung eindeutig den Vorrang einräumt. om