Im Solarmobil zum Reiseziel?

■ Bremer Arbeitskreis plant Bau von Solarautos / Umweltbehörde eher skeptisch, aber PlanerInnen optimistisch / Berufschulzentrum und Ausbildungswerkstätten bauen Prototyp

Wenn es nach Siegfried Lessing geht, sollen umweltbewußte BremerInnen, die partout nicht auf ihr Auto verzichten wollen, schon in einigen Jahren eine echte Alternative erhalten: ein Solarmobil. Lessing ist Mitglied einer Arbeitsgruppe, die aus fünfzehn Ingenieuren, Designern und Konstrukteuren besteht und die Förderung der Solarenergie auf ihre Fahnen geschrieben hat. Ob ein Solarmobil aber je einen wesentlichen Anteil am Individualverkehr leisten können wird, ist sehr fraglich. Die fertigen Baupläne jedenfalls werden voraussichtlich Mitte März präsentiert. Dann soll mit dem Bau von jeweils einem Prototyp im Berufsschulzentrum für Elektrotechnik und in den Bremer Ausbildungswerkstätten begonnen werden.

Das geplante Solarmobil ähnelt äußerlich dem Fiat Panda. Am Frontteil und auf dem Autodach des Zweisitzers sind Sonnenkollektoren angebracht. Der Antrieb des Autos erfolgt durch eine Elektrobatterie, gespeist von den Sonnenkollektoren. Das klappt aber nur bei starker Sonneneinwirkung, die in unseren Breiten ja selten anzutreffen ist. Deswegen muß zusätzlich Energie getankt werden - entweder in einer Solar-Tankstelle oder in einer

eigenen Solaranlage am Haus. Für eine solche „hauseigene Tankstelle“ wird eine Solarfläche von etwa drei Quadratmetern benötigt. Mit einer Batteriefüllung kann das Solarmobil etwa 40 Kilometer fahren, Höchstgeschwindigkeit etwa 60 kn/h: Es ist ein typisches Stadtauto und für längere Fahrten ungeeignet.

Bereits im kommenden Jahr sollen die beiden Solarmobile auf der Hannover-Messe eingesetzt werden - im Zubringerdienst für den Bremer Ausstellungsstand. „Man muß den Leuten und der Industrie an konkreten Beispielen zeigen, daß Alternativen machbar sind“, so Lessing.

Neue Impulse für die bremische Wirtschaft sind Voraussetzung für eine Förderung des Projekts Solar-Auto aus dem Programm „Arbeit und Umwelt“. Dr. Bonberg, zuständiger Abteilungsleiter in der Umweltbehörde, fordert hierfür eine langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen und eine wissenschaftliche Begleitung des Projekts.

Lessing hat ehrgeizige Ziele. In einem Pilotvorhaben sollen die beiden Solarmobile nach ihrem Messeauftritt in Bremen eingesetzt werden - als Postautos oder Botenfahrzeuge im Behördenverkehr. Hierfür ist der Aufbau eines

Netzes von Solartankstellen erforderlich, in einem ersten Schritt etwa drei bis vier. Die Planer hoffen hier auch auf finanzielle Unterstützung vom Bund und der EG.

Ob das Solarmobil überhaupt auf private Nachfrage stoßen wird, ist eher fraglich. Auch bei vorsichtiger Kalkulation werden die Betriebskosten erheblich über den jetztigen Benzinkosten liegen. Der Neuanschaffungspreis für ein Solarmobil wird um die 15.000 Mark betragen. Und: Wenn es einen ernsthaften Beitrag zum städtischen Verkehr leisten soll, müßte in Bremen wohl bald an jeder Straßenecke eine Tankstelle ihre Pforten öffnen. Damit werden die Chancen für einen Einsatz des Solarautos aber noch geringer. Lessing zeigt sich trotzdem optimistisch: „Die Umweltsituation, und hier insbesondere die Klimaveränderungen zwingen uns zu rigorosen Konsequenzen. Der intensiven Nutzung regenerativen Energien wird in der Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen“. Und: Als im letzten Jahrhundert die Eisenbahn ihre erste Fahrt von Nürnberg nach Fürth angetreten ist, hätte es ja auch viele Skeptiker gegeben. Trotzdem sei sie jetzt nicht mehr wegzudenken. om