Protest gegen Todesschüsse

■ Gueffroys Tod belastet „deutsch-deutsches Verhältnis“

Die tödlichen Schüsse auf den 20jährigen Ost-Berliner Chris Gueffroy an der Berliner Mauer haben zu einer diplomatischen Verstimmung zwischen der Bundesrepublik und der DDR geführt. Die Bundesregierung bezeichnete den Vorfall gestern als „ernste und nachhaltige Belastung“ der Beziehungen „zwischen beiden deutschen Staaten“. Mittlerweile hat sich ein Militärstaatsanwalt der DDR in die Ermittlungen im „Fall Gueffroy“ eingeschaltet. Bislang ohne Ergebnisse, wie Staats - und Parteichef Honecker dem Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau gestern während eines zweistündigen Gesprächs in Ost-Berlin mitteilte. Der Parlamentarische Staatssekretär im Innerdeutschen Ministerium Ottfried Henning appellierte gestern an die Unterzeichnerstaaten des KSZE-Folgetreffens in Wien, gegen die DDR ein Verfahren wegen der Tötung des Flüchtlings einzuleiten. Auch der Berliner Senat und die drei westlichen Stadtkommandanten protestierten energisch in Ost-Berlin.

Der Staats- und Parteichef der DDR Erich Honecker wies die Kritik - wie üblich - als „innere Einmischung in die Angelegenheiten der DDR“ zurück. Ein Sprecher des Innerdeutschen Ministeriums ließ den Einwand Honeckers im Gespräch mit der taz nicht gelten: Die Teilnehmerstaaten der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hätten sich gegenseitig verpflichtet, menschenrechtliche Fragen gegenseitig zuzulassen und zu beantworten. Falls die Antwort nicht „befriedigend“ ausfalle, seien bilaterale Treffen zu diesem Thema nicht ausgeschlossen, erklärte der Sprecher im Hinblick auf Hennings Forderung nach einem „Verfahren gegen die DDR“.

taz