Der Tower wankt und wackelt

■ Streitkräfteausschuß des US-Senats lehnt Tower als Verteidigungsminister ab / Bush will weiter fighten

Washington (taz/dpa/ap) - Der Eklat ist perfekt, das politische Washington hat seinen ersten handfesten Krach. Nachdem die Gerüchteküche in der US-Hauptstadt seit Wochen das Privatleben des designierten Verteidigungsministers Tower durchhechelt, lehnte jetzt die demokratische Mehrheit im Streitkräfteausschuß des Senats mit elf zu neun Stimmen die Nominierung Towers ab. Gelingt Bush nicht noch ein politisches Wunder, wird das Senatsplenum, ebenfalls mit demokratischer Mehrheit, in der kommenden Woche diese Entscheidung endgültig bestätigen. US-Präsident Bush hätte sich dann die erste herbe Niederlage seiner Amtszeit eingehandelt. Vergleichbares passierte zuletzt Präsident Eisenhower 1959, der damals seinen Kandidaten für den Posten des Handelsministers im Senat nicht durchbekam.

Für Bush wäre die endgültige Ablehnung Towers besonders schmerzlich. Der kleine Texaner hatte sich um seinen Wahlkampf mehr verdient gemacht als jeder andere aus dem kleinen Zirkel enger Bush-Freunde, die mit dem jetzigen Präsidenten Anfang der 60er Jahre die Republikanische Partei in Texas aufgebaut hatten. Doch die Verdienste Towers um Bush liegen nicht nur in seinem Wahlkampfeinsatz. Als Vorsitzender des Irangate-Untersuchungsausschusses sorgte er dafür, daß Vize-Präsident Bush eine weiße Weste behielt, und legte damit den eigentlichen Grundstein für Bushs Kandidatur. Tower, so ein anderer Bush-Vertrauter, hätte nach dem Sieg vom neuen Präsidenten jeden Job haben können, den er wollte. Doch Towers Traum war immer das Pentagon.

Daß daraus nun aller Wahrscheinlichkeit nach nichts wird, hat kaum etwas mit seiner politischen Haltung zu tun. Tower wird ein Opfer des amerikanischen Purismus. Exzessiver Alkoholgenuß, angebliche Orgien mit Groupies, vor allem in seiner Zeit als Leiter der Abrüstungsdelegation in Genf und

-als nachgeordneter Gesichtspunkt - seine Tätigkeit als Lobbyist diverser Rüstungskonzerne, haben ihn im Streitkräfteausschuß zu Fall gebracht. Seit Montag lag den Senato Fortsetzung auf Seite 2

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ren und dem Weißen Haus der letzte von insgesamt sechs FBI -Berichten über das Privatleben Towers vor. Während Bush behauptete, in dem Report seien die Beschuldigungen gegen Tower ausgeräumt worden, lasen die Demokraten die gegenteilige Tendenz heraus. Es gäbe zwar keine definitiven Beweise, doch genügend Anhaltspunkte, um sich mit dem Kandidaten Tower höchst unwohl zu fühlen. In welche Richtung diese Anhaltspunkte gehen, war durch Zeugen der CIA vor dem Senatsausschuß bereits deutlich geworden. Über Tower-Partys in Genf berichtete ein Agent: „Es war ekelerregend, einige Leute tranken aus dem Schuh eines Delegationsmitgliedes, mehrere waren so betrunken, daß ihnen schlecht wurde.“

In der Begründung der Tower-Ab

lehnung führte der demokratische Ausschußvorsitzende Sam Nunn denn auch an: „Ich kann nicht guten Gewissens einen Mann an die Spitze der Kommandokette stellen, der (wegen seiner Sauferei) als Kommandeur einer Raketenstaffel, eines Bombergeschwaders oder eines Atom-U-Bootes nicht eingesetzt werden würde.“

Die Republikaner hatten dem zur Verteidigung Towers nur wenig entgegenzuhalten. Robert Dole, Minderheitsführer im Senat erinnerte seine Kollegen daran, daß Tower in seiner Zeit als Senator niemals in einem Zustand aufgetaucht sei, der ihn disqualifiziert hätte. „Der Präsident“, so Dole, hat John Tower schließlich nicht auf der Straße aufgelesen.“

Präsident Bush hat bislang immer, zuletzt noch gestern in Tokio, betont, er weigere sich, überhaupt über personelle Alternativen zu Tower nachdenken. Tower sei der be

ste Kandidat, und „darum geht es“. Was Tower politisch zu bieten hätte, hat er bei mehreren öffentlichen Auftritten in den letzten Wochen klar gemacht: weitere Aufrüstung der US -Army im hochtechnologischen Bereich - um Gorbatschow zu zwingen, weiterhin viel Geld in die Rüstung zu investieren und eine pragmatische Variante der bisherigen SDI-Pläne in Form eines Verteidigungsringes für die amerikanischen Rakentenstellungen. Präsident Bush gab sich in der Verteidigung seines Mannes betont optimistisch: „Wir werden den Kampf gewinnen.“

JG