An Weihnachten kam der große Knacks

■ Preussen Berlin im Viertelfinal-Playoff um die Deutsche Eishockeymeisterschaft mit 1:3 gegen den Mannheimer ERC ausgeschieden / Das Fazit einer abwechslungsreichen Saison

Am Freitag abend ist die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte des BSC Preussen zu Ende gegangen, ein all seiner Kräfte beraubtes Team mußte dem Mannheimer ERC den Einzug ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft überlassen.

Der Erfolg hatte viele Väter: Die Krawattenfraktion, die das Geld rangeschafft hat, mit dem Spielern wie „Schorsch“ Holzmann, Axel Kammerer, Harald Birk, Klaus Merk usw. das entsprechende Einkommen zuteil werden konnte, die Männer, die immer die Handtücher über die Bank gehängt, die Flaschen mit den Elektrolyten gereicht und die Bandentür andauernd auf und zugemacht haben, und an allererster Stelle natürlich Trainer Olle Öst.

In seinem Notizblock, den er vornehmlich auf die Bande gestützt vollschreibt, standen u.a. die Namen der beiden Finnen Erkki Lehtonen und Erkki Laine, die mit Axel Kammerer den zweiten Sturm fahren sollten. Viele meinen, daß das nicht geschehen ist. Kammerer ackerte, und Olle Öst setzte auf Zeit: „Gebt denen noch ein paar Wochen, die kommen, die Finnen!“ Sie kamen. In den drei Wochen vor der Weihnachtspause holten die Preussen 13:3 Punkte.

Der Paradesturm war schon etwas früher in Tritt gekommen, an der Seite von Gaetan Malo und Schorsch Holzmann wurde auch Harald Birk zu einer Macht - seine Berufung in die A -Nationalmannschaft folgte. In der dritten Reihe hatte Günther Preuss seine große Zeit - beim Länderspiel der Olympia-Auswahl gegen die CSSR war der kleinste Spieler der Liga Publikumsliebling. Olle Öst ist nicht gern in die Weihnachtspause gegangen, in neun Spielen hatte sein Team lediglich gegen Rosenheim verloren, sogar das 6:6 im Heimspiel gegen Köln war für die Gäste glücklich, die Preussen führten noch im letzten Drittel 5:2 - die Halle kochte.

Es wird den Trainer nur unmerklich trösten, daß das Weihnachtsfest auch vielen anderen schlecht bekommt - für seine Männer brachte es die Wende. Im neuen Jahr wurde es ernst. Gleich im zweiten Spiel nach der Pause brach sich Erkki Lehtonen, als er gerade dabei war, Spiele zu entscheiden, in Schwenningen den Knöchel. Zwei Blöcke mußten umgestellt werden, und als die sich eingespielt hatten - 5:3 Punkte gegen u.a. Köln und Düsseldorf -, rissen beim 9:2 -Kantersieg gegen den Tabellenzweiten Rosenheim Kapitän „Butzi“ Müller die Kreuzbänder. Damit war die erste Verteidigung hinüber, in der der einzige Berliner, Marco Rentzsch, von der Ersatzbank herunter, gerade Fuß gefaßt hatte.

Das „C“ für Captain wurde auf das Trikot Nummer 16 genäht und nirgendwo anders hätte es hingehört. „Schorsch“ Holzmanns Energie hat jedes Loch gefüllt, er spielte in Unterzahl durch, blieb gleich auf dem Eis, wenn der erste Sturm dran war und riß auch das vorletzte Spiel gegen Landshut rum, als man nach dem ersten Drittel mit 0:2 zurücklag und am Ende mit 6:2 gewann. Kenias Präsident Daniel Arap Moi kann es bezeugen - er hatte die Jaffestraße der Philharmonie vorgezogen.

Was er nicht sah, war, daß Erkki Laine fast ein Daumen abgeschnitten wurde. Zuerst dachte man, acht Stiche in der Kabine würden es tun, schließlich mußte er doch stationär behandelt werden - für die Playoffs fiel er aus. Tabellenplatz 6 hieß es am Ende der Doppelrunde, worüber die absoluten Optimisten zwar ein wenig enttäuscht, alle anderen aber zufrieden waren - Gegner im Viertelfinale war der tabellendritte Mannheimer ERC, gegen den man bis dahin nicht schlecht ausgesehen hatte. Die Bilanz: nach Punkten 5:3, nach Toren 14:12. Drei Siege aus maximal fünf Spielen braucht das Team, das in den Playoffs eine Runde weiterkommen will, und nach dem ersten Spiel war die Stimmung bestens bei den Preussen. Sie hatten auswärts sensationell mit 4:3 gewonnen, obwohl sie nur zwölfmal aufs Tor geschossen hatten. Die Mannheimer hatten es 62mal probiert. Das zweite Heimspiel war erkämpft, mit einer bitter ötigen Einnahme von rund 200.000 Mark.

Das zweite Spiel ging durch einen schlechten Start verloren. Nach zehn Minuten hieß es 0:2, und so sehr „Schorsch“ Holzmann auch kurbelte, mehr als ein 2:3 wurde es nicht. Chancen waren da, die Nerven fehlten - und zum Schluß auch Harald Birk. Sein Arm mußte in Gips, der Ellenogen punktiert werden, die Kapsel war angerissen - Peter Schiller hatte ihn crosscheckverdächtig umgefahren.

Ohne ihn war im dritten Spiel nichts zu holen, die Mannheimer taten nicht mehr als nötig und siegten mit 5:2. Torhüter Klaus Merk holte sich bei dem Versuch, den Schaden abzuwenden, ein dickes Knie. Er spielte trotzdem beim 0:4 am Freitag, auch Harald Birk versuchte es kurz, sein Arm aber war von Spritzen völlig taub. Übriggeblieben war nur der Wille, das Profil von den Reifen aber runter. Trotzdem: bereits nah zehn Minuten vor Schluß, als durch das 0:4 durch Markus Kuhl die Saison längst vorbei war, skandierte das ausverkaufte Haus „Ehrenrunde, Ehrenrunde!“. Das hat die Spieler sichtlich gefreut.

Trost Nummer zwei: Der Star der vier Playoff-Spiele war der Mannheimer Dave Silk, der eine Goldmedaille der Olympischen Spiele von Lake Placid im Schrank hat. Er wird in der nächsten Saison im Preussen-Trikot stürmen.

Theo Breiding