: Europäische Hilfe für Zentralamerika
Außenminister der EG und Zentralamerikas treffen sich in Honduras / EG-Hilfe für Repatriierung der Contra und Wiederbelebung des Zentralamerikanischen Gemeinsamen Marktes als Topoi ■ Aus Managua Ralf Leonhard
In der honduranischen Industrie- und Handelsmetropole San Pedro Sulas beginnt heute der fünfte Gipfel der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft und Zentralamerikas. Auf dem zweitägigen Treffen geht es nicht nur um Unterstützung für die wirtschaftliche Wiederbelebung und Integration der Region, sondern auch um eine Teilfinanzierung der Repatriierung der nicaraguanischen Contras. Allerdings werden einige Außenminister, darunter einer der Hauptpromotoren des europäischen Engagements in der Region, Hans-Dietrich Genscher, fehlen.
Das Treffen steht ganz im Zeichen des jüngsten Mittelamerikagipfels, der vor zwei Wochen in El Salvador stattfand. Die Staatschefs von Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica hatten sich dort verpflichtet, ein gemeinsames Programm zur Demobilisierung der in Honduras lagernden Contras auszuarbeiten, während Nicaragua die Vorverlegung der Wahlen und politische Garantien für die Opposition sowie die Begnadigung der ehemaligen Nationalgardisten Somozas versprach. „Frieden, Demokratie und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden“, hatten die EG-Minister Anfang März 1988 auf dem letzten Treffen in Hamburg ins Schlußdokument geschrieben.
Die EG-Minister müssen sich außerdem mit einem gemeinsamen Vorschlag der Zentralamerikaner zur Wiederbelebung des Zentralamerikanischen Gemeinsamen Marktes befassen. Der Anfang der 60er Jahre gegründete Organismus liegt seit dem Krieg zwischen El Salvador und Honduras im Jahre 1969 darnieder und ist seit der nicaraguanischen Revolution weiter verfallen. Betrug das interregionale Handelsvolumen 1980 noch 1,2 Milliarden Dollar, so wurden 1987 gerade noch 400 Millionen umgesetzt.
Die Zentralamerikaner streben einen ähnlichen Status an, wie ihn 46 ehemalige Kolonien der EG-Staaten in Afrika, der Karibik und im pazifischen Raum (AKP-Staaten) 1975 im Lome -Abkommen eingeräumt bekamen. Dies würde unter anderem Preisgarantien für die Exportgüter der Region (Stabex) bedeuten und den Beitritt der Europäischen Investitionsbank als Gesellschafter bei der Zentralamerikanischen Integrationsbank (BCIE) bedingen. Dazu sind die Europäer aber nicht bereit, weil sie den Sonderstatus der AKP-Staaten nicht aushöhlen wollen.
Die Finanzierung, die zwischen 110 und 150 Millionen Ecu für das kommende Jahr betragen wird, besteht aus nicht rückzahlbaren, projektgebundenen Mitteln. Der Anteil Nicaraguas am Kuchen ist tendenziell sinkend, weil dieses Land bisher bei der multilateralen Hilfe (mit bis zu 40 Prozent) bevorzugt wurde. Verglichen mit der Finanzierung der USA, die im kommenden Finanzjahr rund 900 Millionen Dollar an die Region (exklusive Nicaragua) ausschütten wollen, nimmt sich die europäische Hilfe bescheiden aus.
Mag das europäische Engagement dazu dienen, dem friedenshemmenden Einfluß Washingtons gegenzusteuern, so war es nie Absicht der EG, die USA als Hegemonialmacht in der Region abzulösen oder die Wiederbelebung des kriegsgeschüttelten Gebiets alleine zu finanzieren. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen und der sogenannten „Sanford-Commission“, die eine Art „Marshall-Plan“ für Zentralamerika entworfen hat, würden dafür mindestens zehn bis elf Milliarden Dollar über fünf Jahre benötigt.
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