Kooperierte Kripo mit US-Diensten?

■ Martin Thomas, grünes Mitglied der Kontrollkommission des Verfassungsschutzes, fordert Stellungnahme des Bremer Innensenators zu seiner Überwachung durch US-Geheimdienste

Mit einer Serie von Fragen und Forderungen trat gestern der von US-Diensten ausspionierte grüne Abgeordnete Martin Thomas vor die Presse (vgl. taz v. 25./27.2.). Auf der heutigen Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), die vertraulich den Verfassungsschutz kontrollieren soll und deren Mitglied Thomas ist, will er Auskunft darüber haben, ob das Bremer Landesamt von dem US-Dossier wußte, und ob Informationen gegeben wurden. Die Sorge des US-Dienstes, Thomas könnte über die Kontakte zwischen Verfassungsschutz und alliierten Geheimdiensten Kenntnisse erhalten, will er auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Sitzung setzen. Die Kooperation ist alltägliche Praxis - in Hamburg hat der CIA seine Räume in den Hinterzimmern des Bundesnachrichtendienstes BND in der Gotenstraße 13.

Vom amerikanischen Botschafter in Bonn will Thomas wissen, ob die US-Dienste mit politischem Auftrag gehandelt haben; Thomas, der gleichzeitig eine offizielle Einladung des Bonner Botschafters Burt für einen vierwöchigen USA-Besuch hat, verlangt eine Erklärung und eine Entschuldigung der US -Botschaft - andernfalls werde er Kontakte, die er im Rahmen seiner parlamentarischen Tätigkeit für normal halte, in Zukunft ablehnen.

Der Parlamentspräsident Dieter Klink, der gern den diplomatischen Kontakt zu US-Stellen hält, solle sich wegen der „Mißachtung des gewählten Landesparlaments“ beschweren. Auch die Bremer SPD ist nach Ansicht des Grünen direkt betroffen: Immerhin war es die SPD-Fraktion, die auf einen der ihr eigenen Sitze zugunsten von Martin Thomas verzichtete und damit die politische Verantwortung für das über

nahm, was der US-Geheimdienst als Gefahr für die deutsch -amerikanischen Beziehungen werten. „Die SPD darf sich das nicht gefallen lassen“, meinte Thomas. Dagegen habe der Zivilangestellte der US-Army der deutsch-amerikanischen Freundschaft gedient, der die Ausschnüffelung ablehnte und deswegen gefeuert wurde. Er müsse zumindest ordentlich finanziell entschädigt wrden, forderte Thomas.

Entscheidend ist allerdings der Bremer Innensenator gefragt. Denn es sieht so aus, daß das Landesamt für Verfassungsschutz in den Vorgang gar nicht eingeschlaltet war; die US-Dienste mißtrauen der „Minderheit“ im LfV, zu der auch die offizielle Spitze des Amtes gehört. Der Staatsschutz allerdings, auf den sich das US-Dossier bezieht, ist eine Abteilung der Kripo und unterliegt nicht einer der eigenen

parlamentarischen Kontrolle. Daß es erhebliche Konkurrenz zwischen den Ämtern gibt, ist bekannt. Der Staatsschutz sucht immer wieder, Tätigkeiten des Verfassungsschutzes an sich zu ziehen. So war kurz nach dem Amtsantritt des Innensenators Kröning ein V-Mann in einer Anti-Krieg-Gruppe aufgeflogen; er wurde schleunigst auf den Stellenplan des Verfassungsschutzes gesetzt. In der Öffentlichkeit ist weiter völlig unbekannt, in welchem Umfang der Staatsschutz Telefone abhört; beim Verfassungsschutz gibt es dafür mit dem „G10-Gesetz“ eine gesetzliche Regelung, die immerhin die Information des Betroffenen im nachhinein verlangt. Da „nachrichtendienstliche Mittel“ offiziell dem Staatsschutz nicht zustehen, gibt es dafür aber auch keine besonderen Kontroll-Gesetze. Der Staatsschutz, erklärte Thomas, sei „noch viel unkontrollierbarer“ als der Verfassungsschutz; das „Confidential Working Paper“ lege den Verdacht nahe, daß die US-Dienste mit Hilfe des Staatsschutzes Informationen über den Bremer Verfassungsschutz bekommen. Er habe den Verdacht, erklärte Thomas, daß der Bremer Verfassungsschutz „von den Amis kontrolliert wird“.

Eine Stellungnahme des Innensenators war gestern nicht zu bekommen. K.W