Tour de Farce

■ Der Film „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ von Pedro Almodovar, beschert einen vergnüglichen Kinoabend am Rande des Lachzusammenbruchs: Akteurinnen sind die Frauen

„Schreien Sie mich nicht an, ich hatte gerade einen Ohnmachtsanfall“, jammert die entnervte Pepa, und aus ihrer Sicht hat sie dazu allen Grund. Ivan, ihr langjähriger Freund in den besten Graue-Schläfen-Jahren hat sich eines Tages klammheimlich davongemacht. Einfach weg ist er, telephonisch nicht erreichbar und auch nicht mehr daran interessiert, Pepa wiederzusehen.

„Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ des spanischen Regisseurs Pedro Almodovar ist ein Balanceakt entlang einer rasanten Abfolge von absurden Situationen. Wir hocken in unseren Kinosesseln, amüsieren uns zu Tränen und wissen nicht einmal genau, warum. Pepa jedenfalls ist außer Rand und Band. Das französische Bett steht in Flammen, ihr schmort eine Sicherung nach der anderen durch. Almodovar beweist ein feines Gespür für das Heraufbeschwören katasrophaler Situationen. Eine rote Tomate, ein roter Morgenmantel, ein langes Messer, roter Paprika und rote Fingernägel. Im Entsafter rotiert eine rote Flüssigkeit, doch ist es Blut? Weit ge

fehlt. Es ist Gazpacho, ein Gemüsesaft. Aber harmlos ist er noch lange nicht, denn Pepa hat ihn mit Schlaftabletten versetzt.

Dann platzt auch noch Candela in das Durcheinander, sie springt erst einmal kurzerhand vom Balkon. Sie verbrachte eine Nacht mit einem „Schiitischen Terroristen“, nun wird sie von der Polizei gesucht. „Ich bin zu betroffen, um noch klar und präzise zu sein“, hechelt Pepa die Polizei an, die etwas ratlos in ihrer Wohnung herumsteht. Das Bett sieht aus wie ein offener Kamin, das Telephon hat seinen Weg durch die geschlossene Fensterscheibe genommen, eine gazpacho-betäubte Frau liegt regungslos auf dem Balkon und das Wohnzimmer ist mit Menschen bevölkert, die allesamt aneinander vorbeiagieren. Natürlich spendiert die hoffnungslos überforderte Pepa allen ein Erfrischungstrunk - mit niederschmetternder Wirkung.

So ganz nebenbei, kaum merklich, endeckt Pepa, daß sie eigentlich recht gut ohne ihren aufgetakelten Lover leben kann, und so hat Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs doch noch seine

message. Denn auch wenn der Zufall das Leinwandgeschehen von Anfang bis zum Ende zu beherrschen scheint, Akteurinnen bleiben die Frauen. Almodovar zeigt die männliche Herrlichkeit in ihrem ganzen Jammer, sie ist zur Sprechblase degeneriert. Mit leichter Hand und einer virtuos beweglichen Kamera beschert die Tour de Farce einen vergnüglichen Kinoabend am Rande des Lachzusammenbruchs. Das müssen deutsche Filschaffende erst einmal nachmachen.

Jürgen Francke

UT, 15.30, 18, 20.30