„Neues aus Rollywood“

■ Rollstuhlfahrender „Star“ des „Crüppel Cabaret“, 15.30 Uhr, ARD

Renate Scharbert war zwei Jahre alt, als sie an Kinderlähmung erkrankte. Lange Zeit hat sie gebraucht, um sich mit ihrer Behinderung abzufinden, sie zu akzeptieren. Heute, 30jährig, ausgelernte Sozialarbeiterin und Psychologiestudentin, will sie kein Mitleid mehr.

Ihre ganze Leidenschaft gilt dem Theater. Theater, das sich mit den Problemen von Behinderten auseinandersetzt. „Soziallästig“, „Krückblende“ oder „Krüppel aus dem Frack“, heißen die Satiren, mit denen das Münchner Crüppel Cabaret - das sind drei „Rollis“, eine „behinderte Fußgängerin“ und sechs „Gesunde“ - den Sprung aus der „sozialen Ecke“ geschafft haben. 50 ausverkaufte Vorstellungen pro Jahr, der begehrte „Schwabinger Kunstpreis 1986“, der Ehrentitel „Rollschoi-Ballett“ (für die phantasievoll einstudierten Tanznummern mit Rollstühlen) sowie ein Gastspiel ab Mai in Moskau, das ist das stolze Resümee dieser Theatergruppe, die anfangs ein Geheimtip der Behindertenszene war. Kräftig lachen sollen die Leute oder, so Renate Scharbert, nachdenken. So etwa, wenn die alltägliche Realität der Behinderten umgekehrt wird: wenn beispielsweise „Gesunde“ aus dem „Gasthaus zur Geierrolli“ hinausgeekelt werden, weil den rollenden Stammgästen beim Anblick des lästigen „Gesindels“ der Appetit vergeht.

Noch vor einem Jahr war das Crüppel Cabaret beim Fernsehen abgeblitzt, doch Radio Bremen besaß den Mut, die Rollstuhlfahrende Kabarettistin in der Sendung Frauengeschichten um 15.30 Uhr im ARD zu porträtieren. Am Donnertsag zur gleichen Zeit stellt Henning Stegmüller die Kabarett-Truppe während einer Gastspielreise vor.

ks