Heiße Luft im „Ökobank-Skandal“

■ Die Streitkultur blieb bei der Diskussionsveranstaltung zwischen Ökobank, „Fairsicherungen“ und Szene auf der Strecke / „Bombengeschäfte“ der R+V-Versicherungen kapitalistischer Alltag

Frankfurt (taz) - „Ökoversicherung“ hieß das Zauberwort, mit dessen Kreation sich eine Veranstaltung in Wohlgefallen auflöste, auf der am vergangenene Wochenende die Ökobank von der „Basis“ ob ihrer engen Kontakte zur R+V-Versicherung der Volksbanken und Raiffeisenkassen geprügelt werden sollte. Denn die R+V-Versicherung, so die Vorwürfe vor allem der Zeitung 'Contraste‘, sei indirekt mit dem MBB-Konzern liiert. Und der wiederum baue Jagdflugzeuge und anderes Teufelszeug: „Ökobank - Bank zwischen Müsli und Jäger 90“ ('Contraste‘).

Die Kritiker kamen vor allem aus den Reihen der MitarbeiterInnen der „Fairsicherungsläden“. Selbst aus der Szene, vermitteln diese Läden vor allem innerhalb der Szene die gewünschten Verträge mit herkömmlichen Versicherungen. Das Problem, um das es am Wochenende ging: Fischen sie nicht selbst im Trüben, da ihr oberstes Geschäftsziel die Vermittlung der kostengünstigsten Versicherungen an ihre Klientel ist? Und da kann es schon vorkommen, daß sich die preiswerte R+V-Versicherung bei bestimmten Vermittlungswünschen geradezu anbietet. Der als Experte geladene Versicherungswissenschaftler Wolfgang Müller von der Universität Frankfurt stellte denn auch unmißverständlich fest, daß es in der Bundesrepublik keine „sauberen“ Versicherungen gebe. Nahezu alle Gesellschaften seien extrem verschachtelt und in aller Regel „Kindeskinder“ irgendwelcher Konzerne, die völlig andere unternehmerische Zielsetzungen hätten. Torsten Martin von der Ökobank verwies - mit der Professorenmeinung im Rücken - auf die Mechanismen der Marktwirtschaft, denen man sich nicht entziehen könne, wenn man innerhalb der Bandbreiten dieser Marktwirtschaft tätig werde. Im übrigen spiele das Versicherungsgeschäft innerhalb der Bandbreiten der Geschäftstätigkeit der Ökobank ohnehin nur eine untergeordnete Rolle: Gerade mal 30.000 Mark seien in Frankfurt-Bornheim über den Wechseltresen der Ökobank gelaufen, und das auch nur, weil die werte Kundschaft der Ökobank Geld- und Versicherungsgeschäfte an einem Ort abwickeln wollte. Martin: „Unsere Kundschaft fragte Versicherungen nach. Wir hatten das zunächst nicht im Serviceangebot.“

Im Verlauf der Debatte blieb dann die berühmt-berüchtigte Frankfurter Streitkultur vollends auf der Strecke und verkam zum szeneinternen Familienstreit mit wechselseitigen Vorwürfen: Ehen vor Gericht. Daß der Ärger über die R+V -Liaison der ökobank nicht (nur) aus hehren moralischen Motiven übergeschwappt war, sondern sein tristes Leben auch aus der roten Wut des verschmähten Liebhabers „Fairsicherungen“ heraus fristete, schimmerte durch diverse Diskussionsbeiträge durch - und wer würde solche Gefühlsaufwallungen unmenschlich nennen wollen?

Zum Schluß gab's dann fast noch Versöhnliches aus der „Wunderkiste“ des Professors: Alle „Fairsicherer“ und ÖkobankerInnen sollten doch einmal über die Möglichkeiten der Entkoppelung von Beraterhonoraren und Leistungsprämien nachdenken, denn nur so komme man zu einer wahrhaftigen „Ökoversicherung“, die dann den Forderungen der Basis nach sauberen Westen im Spätkapitalismus gerecht werden könne.

Klaus-Peter Klingelschmitt/ Xaver Unrat