Das Ende eines guten Deals für Schweizer Exministerin

Neue Runde in der größten Geldwäscheraffäre der Schweiz / Milliarden Franken aus dem internationalen Drogenhandel / Parlament hebt Immunität von Exjustizministerin Kopp auf  ■  Aus Basel Thomas Scheuer

Eine Premiere gab das schweizerische Parlament am späten Montag mittag in Bern: Es lupfte die Käseglocke regierungsamtlicher Immunität von der Exjustizministerin Elisabeth Kopp. Noch nie zuvor ist in der Alpenrepublik die Immunität eines amtierenden oder ehemaligen Regierungsmitgliedes aufgehoben worden. Damit gab das Parlament den Weg frei für strafrechtliche Ermittlungen gegen die ehemalige Ministerin im Zusammenhang mit der größten je in der Schweiz bekanntgewordenen Geldwäscheraffäre.

Rund zwei Milliarden Franken aus dem internationalen Drogenhandel hatte eine sogenannte „Libanon-Connection“ unbehelligt über Jahre hinweg über schweizerische Großbanken und Geldmakler gewaschen. Im Verwaltungsrat einer der beteiligten Geldhandelsfirmen, der „Shakarchi“ in Zürich, saß als Vizepräsident bis 27. Oktober vergangenen Jahres der bereits in diverse Finanz- und Steueraffären verwickelte Wirtschaftsanwalt Hans Kopp, Ehemann der damaligen Justiz und Polizeiministerin Elisabeth Kopp. Eingedenk des Werbeslogans „Sag's doch schnell per Telefon“ steckte Frau Kopp an jenem Tag dem Herrn Kopp, daß die Fahnder die „Shakarchi“ in Sachen Narco-Dollar-Recycling im Visier hatten. Noch am gleichen Tag legte der gewarnte Gatte, von einer persönlichen Referentin der Ministerin ergänzend ins Bild gesetzt, sein Verwaltungsratsmandat nieder. Das später bekanntgewordene Telefonat sowie Details über die schleppenden Ermittlungen seitens der Bundesanwaltschaft gegen die Geldwäscher führten zum Rücktritt von Justizministerin Kopp, in deren Schublade ein Gesetzentwurf gegen Geldwäscherei verschimmelt war.

Neben der Justiz, die nun gegen Frau Kopp wegen Amtsgeheimnisverletzung und Begünstigung ermitteln kann, stellt sich mittlerweile auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß die Frage, ob und wie weit die internationale Finanzmafia ihre Drähte bis in oberste Regierungsetagen spannen konnte - für die schweizerische Sauberkeitsmentalität ein Trauma.

Derweil brachte der Tessiner Staatsanwalt Dick Marty, der bundesweit die Ermittlungen leitet, dieser Tage interessante News aus den USA nach Hause: Im Rahmen ihrer Ermittlungen in der Affäre „Polar Cap“, einer kürzlich dort aufgeflogenen großen Geldwaschoperation, sind die US-Behörden in New York auf ein Konto der Zürcher „Shakarchi“ gestoßen, auf dem eine halbe Million Dollar aus dem Kokainhandel lagen. Ein US -Gericht bereitet nun eine Anklage gegen die in der Schweiz noch unbehelligte Geldhandelsfirma vor. In diesem Zusammenhang wurde bekannt, daß auch der US-Geheimdienst CIA mit den Zürcher Geldhändlern dick im Geschäft war: Zwischen 1981 und 1988 soll der Dienst über eine Scheinfirma der „Shakarchi“ für rund 25 Millionen Dollar „seltene“ Währungen aufgekauft haben. Bei diesen „seltenen“ Währungen, die jeweils von Kurieren transferiert wurden, habe es sich größtenteils um afghanisches Geld zur Unterstützung der Mudschaheddin-Rebellen gehandelt, möglicherweise aber auch um iranisches Geld. Letzteres beflügelt Gerüchte, die Ermittler in Sachen „Libanon-Connection“ und „Polar Cap“, zwischen denen offenkundig Verbindungen bestehen, würden bald auch die Spuren eines anderen Skandals kreuzen: Irangate.