AL will Justizsenat

■ Bei der Alternativen Liste begann gestern abend die Diskussion um die Ressortverteilung zwischen SPD und AL im zukünftigen Berliner Senat

Vier Ressorts waren es, die vor der Tagung des Delegiertenrats der AL gestern abend als favorisierte Ressorts gehandelt wurden. (Der Delegiertenrat tagte nach Redaktionsschluß.) Neben dem Senatorenamt für Schule, welches die AL haben möchte, den Ressorts Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie Verkehr und Betriebe steht inzwischen eine alternative Justizsenatorin beziehungsweise deren männliche Form zur Debatte.

Die Vertreter der entsprechenden Unterarbeitsgruppe bei den Verhandlungen mit der SPD legten in einem Papier dar, warum sie so erpicht darauf sind, sich mit Gefängnissen und Kriminalität verantwortlich zu befassen. Die AL könne, so stellt es sich jedenfalls Vorstandsmitglied Christian Ströbele vor, in Berlin und im Bundesgebiet „rechtspolitische Diskussionen“ auslösen. Dabei denkt man nicht nur an das politische Strafrecht, an das Sexualstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Drogenpolitik, sondern will über die Kriminalpolitik hinaus an Reformen von Demonstrations- und Familienrecht mitwirken. Die Gruppe meint, durch die Übernahme des Justizressorts eher Hearings, Reden und Vorstöße im Bundesrat initiieren zu können, als wenn sie auf dem Gebiet nicht mitregiert.

Trotz der Willenserklärung, auf anderen Gebieten als nur bei den Strafanstalten aktiv zu werden, beschränkt sich das Papier im wesentlichen auf Kriminalpolitik und speziell die Knäste. Nur noch von der Gestaltung der Juristenausbildung, bei der Alternative dann mitreden könnten, ist einmal die Rede.

Die alternative JustizsenatorIn soll ansonsten vor allem dafür sorgen, daß der „Geist, nach dem die Justiz agiert, ein anderer wird“. Nicht mehr die Eierdiebe sollen aufwendig verfolgt werden. „Eine grundsätzlich andere Umgehensweise mit Knast und was Knast bedeutet“ soll gesellschaftsfähig gemacht und durchgesetzt werden.

Ein verstecktes Lob für die SPD-Verhandlungspartner oder ein heimliches Triumphgefühl spricht aus der Einschätzung der Gruppe, man habe „AL-Forderungen und AL -Programmforderungen“ bei den Verhandlungen so weit berücksichtigt, daß man bei der Reform der Strafjustiz und der „Veränderung der Knastverhältnisse“ in Berlin einiges in die Wege leiten könnte. Selbst eine AL-SenatorIn in einem Nur-AL-Senat „könnte derzeit kaum ein anderes Programm realisieren angesichts der richterlichen Unabhängigkeit und auch der weitgehenden Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft und der Tatsache, daß die Justiz nach den Gesetzen arbeiten muß, die in Bonn gemacht werden“.

Last but noch least erwähnt das Papier einen Punkt, über den in der AL gemunkelt wird, er sei der eigentlich ausschlaggebende gewesen bei dem begehrlichen Schielen nach einer alternativen JustizsenatorIn: die Personalfrage. Für die Besetzung des Justizressorts, so heißt es, gebe es innerhalb der AL „und in deren Nähe“ genügend Personen, die für diesen Job ausreichend qualifiziert seien. Ähnliches war aus der Akademikerpartei auch zum Bereich Schule zu hören.

Mit einer offensiven Nutzung der politischen Möglichkeiten, die das Justizressort bietet, glauben die Autoren kompensieren zu können, „daß eine AL-JustizsenatorIn natürlich auch Schweinereien im Knast und schlimme Entscheidungen der Justiz angelastet werden“.

Eine AL-InnensenatorIn wird dagegen in dem Papier strikt abgelehnt. Die kurze Begründung dazu: „Das Innenressort entfällt schon deshalb, weil hier Vorstellungen und Forderungen der AL kaum durchgesetzt werden können.“

Umwelt und Verkehr

Der Umweltbereich und der Verkehrsbereich hatten einstimmig beschlossen, daß die AL Anspruch auf beide Senatorenposten anmelden solle. Durch die Kombination beider Ressorts, argumentieren sie, bestünden große Chancen zur Durchsetzung von AL-Politik. Die AL-WählerInnen erwarteten gerade auf diesem Gebiet „AL-spezifische Akzente einer rot-grünen Politik“.

Einem SPD-Umweltsenator traut man nicht genug „Rückgrat“ zur Veränderung zu, außerdem seien die AL-Forderungen fast überall die weitergehenden. Auch wenn anfangs der Bereich sehr skeptisch gewesen sei, müsse man sich schließlich „dieser schweren Verantwortung“ stellen.

Das Verkehrsressort fordern die Bereiche schon deshalb, weil der Verkehr schließlich das entscheidende Umweltproblem einer immer autogerechteren Stadt sei. Auf dem Verkehrssektor könnten innerhalb kürzester Zeit spürbare Erfolge vorgewiesen werden, wie z.B. die Umweltkarte und der Ausbau der S-Bahn, die die AL jahrelang hartnäckig gefordert hat.

Nur eines der beiden Ressorts mit der AL zu besetzen, halten beide Bereiche für nicht sinnvoll. Die ökologische Politik könnte sofort an den Eigenbetrieben wie der BSR (Berliner Stadtreinigung) oder der BVG scheitern. Mit einem Verkehrsressort alleine sei wenig auszurichten, weil die Verwaltung „nicht mit einem Handstreich von oben her verändert werden kann“.

RiHe