Hintertür-Wechsel vorbei

Künftig läuft der Dollar-Umtausch in Polen problemloser  ■ Mit der KONVERTIBILITÄT auf Du und Du

Aus Warschau K.Bachmann

Fast jeder, der in Polen Devisenersparnisse hat, hat auch einen mehr oder weniger originellen Sparstrumpf. Gut 3,6 Milliarden Dollar befinden sich schätzungsweise auf den Konten polnischer Banken, etwa ebensoviele kursieren im Land ohne staatliche Kontrolle, meist mit beachtlicher Geschwindigkeit. Nur selten kommen die „Grünen“, wie Dollars in Polen heißen, in einem Sparstrumpf, Kamin oder Chemikalienbehälter zur Ruhe.

Bisher waren die Bemühungen der Staatlichen Sparkasse PKO, die „Grünen“ aus dem Sparstrumpf aufs Bankkonto zu holen, wenig erfolgreich. Seit die Regierung bei Einführung des Kriegsrechts 1981 auch die Devisenkonten ihrer Bürger blockierte, ist das Vertrauen in Polens Banken gering. Zumal bis Mitte letzten Jahres noch einige höchst bürokratische Hürden bestanden für die Anlage verzinslicher Konten. Bis dahin mußte jeder Anleger die Herkunft seiner Devisen nachweisen, wollte er Zinsen sehen. Diese Hürde ist inzwischen gefallen und die Sparquote entsprechend gestiegen.

Nun geht die Regierung noch weiter: Wie Vizepremier Ireneusz Sekula in Warschau vor Journalisten mitteilte, wird Polen ab 15.März die „innere Konvertibilität“ des Zloty einführen, das heißt jeder darf offiziell soviele Dollars tauschen, wie er will. Das heißt allerdings nicht, daß ausländische Firmen den Zloty als Handelswährung anerkennen. Diese vollständige Konvertibilität würde weitergehende außenwirtschaftliche Maßnahmen erfordern.

Schon jetzt betreiben Banken in Poznan einen schwunghaften Kommissionshandel mit Devisen. Eine Bankangestellte: „Die Leute kommen zur Bank, hinterlegen ihre Dollars und geben dafür den Preis in Zloty an, den sie erzielen wollen. Nach ein paar Tagen kommen sie vorbei und holen ihr Geld ab, wenn jemand die Dollar für den verlangten Preis haben wollte.“ In Poznan hat der Dollar inzwischen auch den höchsten Schwarzmarktpreis erreicht: 3.400 Zloty. Nachzulesen sind die Preise inzwischen auch in der offiziellen Presse, in der Verbraucherzeitschrift 'Veto‘ etwa oder in der 'Gazeta Bankowa‘.

Die neue Offenheit beim Devisentasch ist einerseits Vorbereitung auf die Konvertibilität, andererseits Reaktion auf die haarsträubenden Schwarzhandelspraktiken, die sich selbst bei staatlichen Banken eingebürgert haben. In der Warschauer Innenstadt, auf der Rückseite eines Bankgebäudes gab es jahrelang eine fast offizielle Wechselstelle für Schwarzhändler. Ein Besucher: „Ein Mann saß hinter einem schweren Schreibtisch mit Goldwaage und Banknoten so ziemlich aller gängigen Währungen und wechselte am laufenden Band. Man ging nur hin, legte sein Geld hin und einigte sich über den Preis. Und daneben stand ein Gorilla mit Wildwestrevolver, der aufpaßte, daß niemand etwas mitgehen ließ.“

Die Privatbank funktionierte ohne Probleme mit der Polizei, die, so heißt es, vermutlich auch gut mitverdient hat. Auch Vizepremier Sekula gibt zu, daß selbst staatliche Firmen auf dem Schwarzmarkt ihren Devisenbedarf gedeckt haben. Damit soll nun Schluß sein. Ab 15.März soll jeder mit Genehmigung der Nationalbank eine eigene Wechselstube eröffnen können.

Bisher gibt es drei Kurse: den offiziellen Kurs im Außenhandel (zur Zeit 550 Zloty pro Dollar), der auch nach der Reform beibehalten wird, den Handelskurs für Betriebe, der auf einer Börse gebildet wird, zu dem nur Betriebe Zugang haben und der Schwarzkurs. Sekula erhofft sich von der Reform, daß sich Schwarzkurs und Handelskurs annähern werden, denn: „Da für die Schwarzhändler das Risiko wegfällt und das Angebot größer wird, wird der Preis fallen.“ Allerdings: Auch die Nachfrage wird größer werden. Das Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot heute: 3:1. Für Ausländer wird sich übrigens in absehbarer Zeit nichts ändern: Der Zwangsumtausch bleibt zum bisherigen Kurs bestehen.