„Springende Gene“ im Freilandversuch

„Kommission für biologische Sicherheit“ billigt ersten bundesdeutschen Freilandversuch mit gentechnisch manipulierten Organismen / Nur BGA muß dem Petunien-Projekt des Max-Planck-Instituts noch zustimmen  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Bei ihrem Einstieg in die Gentechnologie haben die deutschen Geningenieure eine wichtige Hürde übersprungen. Am Montag abend billigte die „Zentrale Kommission für biologische Sicherheit“ (ZKBS) das erste Freilandexperiment mit gentechnisch veränderten Organismen auf bundesdeutschem Boden. Die Kommission stimmte der Absicht des Kölner Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung zu, insgesamt 37.000 Petunien, in die ein Maisgen eingepflanzt wurde, im Freiland auszusetzen.

Die Möglichkeit der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ist bisher lediglich als Ausnahmeregelung in Richtlinien enthalten, die das Bundesforschungsministerium erlassen hat. Eine gesetzliche Grundlage für Freisetzungsversuche gibt es nicht.

Bevor das letztlich verantwortliche Bundesgesundheitsamt (BGA) in Berlin über die Empfehlung der ZKBS entscheiden kann, muß noch eine Einverständniserklärung der Biologischen Bundesanstalt (BBA) in Braunschweig eingeholt werden. Das BGA ist nach den Worten seines Sprechers Henning offenbar gewillt, vor der endgültigen Entscheidung weitere Expertengremien zu hören. Ob das Kölner Experiment noch in dieser Vegetationsperiode stattfinden kann, ist deshalb offen. Faktisch sei die Petunien-Freisetzung jedoch „risikolos beziehungsweise risikoarm“, meinte Henning.

Die NRW-Grünen haben im Zusammenhang mit der Entscheidung vom Montag die Zusammensetzung der ZKBS kritisiert. Formal besteht das Gremium aus acht „Sachverständigen“ und je einem Vertreter aus den Bereichen Industrie, Gewerkschaften, Arbeitsschutz und Forschungsförderung. „Mit Professor Sukotsch von der Hoechst AG, Professor Eckert vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie und Dr.Brunner vom Chemieunternehmen Boehringer“ sitzen, so der umweltpolitische Sprecher der NRW-Grünen Harry Kunz, gleich drei Industrievertreter in der Kommission, „die ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der reibungslosen Durchsetzung von derartigen Freisetzungsversuchen haben“. Dies sei „in einem demokratischen Rechtsstaat absurd“. Die Grünen fordern die Wahl der ZKBS-Mitglieder durch den Bundestag.

Vordergründig geht es bei dem geplanten Experiment um die Klärung des Phänomens der sogenannten „springenden Gene“, die die Erbinformationen von Organismen und damit im Fall der Petunien die Farbe verändern. Tatsächlich soll der Kölner Versuch den Gentechnologen als relativ harmloser Einstieg für weit gefährlichere Freilandexperimente in der BRD dienen. „Wir wollen erfahren“, erklärte im November '88 Peter Meyer vom Kölner Max-Planck-Institut in einem taz -Interview, „wie es grundsätzlich mit der Genehmigung von Freilandexperimenten aussieht“.