Dreimal entlassen, immer noch drin

■ Türkischer Schweißer darf weiter auf der Seebeck-Werft arbeiten / Werftvorstand hatte ihm dreimal gekündigt, weil er zu spotanem Streik aufgerufen haben soll

Der Vorstand der Seebeck-Werft hat alles versucht, doch nun hat er sein Pulver verschossen. Bedi Genc, Elektroschweißer und Vater von vier Kindern, darf auch weiterhin auf der Werft arbeiten. Am vergangenen Dienstag verwarf das Landesarbeitsgericht unter Vorsitz von Heiko Menke die Serie von Kündigungen, mit denen der Werftvorstand sich den türkischen Vertrauensmann und angeblichen Streikführer vom Hals schaffen wollte. Das Gericht entschied in zweiter Instanz und damit endgültig, denn eine Revision zum Bundesarbeitesgericht ist nicht zugelassen.

Schon im September 1987 war Genc fristlos entlassen worden. Die Geschäftsleitung hatte ihm vorgeworfen, er hätte seine überwiegend ausländischen Kollegen aufgefordert, aus Protest gegen

schlechte Akkordzeiten die Arbeit niederzulegen.

Soll man den gemaßregelten Gewerkschafter unterstützen oder fallenlassen? Im Betriebsrat wurde diese Frage erbittert diskutiert. Denn dort standen und stehen sich zwei konkurrierende Gruppen gegenüber: die rechtssozialdemokratische Mehrheit um den Vorsitzenden Günter Linde (jetzt Bürgerschaftsabgeordneter) und die linke Minderheit, zu der auch DKP-Leute gehören.

Bedi Genc ist zwar parteilos, arbeitete im Betrieb aber mit den Linken zusammen. Die Betriebsratsmehrheit, zeigte deshalb wenig Neigung, Genc aus der Patsche zu helfen. Der fristlosen Kündigung stimmte sie zwar nicht zu. Als der Werftvorstand aber wenige Tage später eine fristgemäße Kündigung nach

schob, widersprach er nicht. Genc mußte gehen. Pech für die Geschäftsführung: Mit ihrer zweiten Kündigung war sie um vier Tage zu früh. Denn Genc genoß gerade noch einen besonderen Kündigungsschutz, weil er sich bei der vorangegangenen Betriebsratswahl um ein Mandat beworben hatte. Als sie das Wochen später merkte, schob die Geschäftsleitung eine weitere Kündigung nach. „Vorsorglich“, wie es in solchen Fällen heißt.

Vor den Bremer Arbeitsrichtern hatte all das keinen Bestand. Eine Kündigung nach der anderen aussprechen, um dem Rausgeworfenen den Mut zu nehmen, das gehe nicht an, fand das Bremerhavener Arbeitsgericht vor schon einem Jahr, und das Landesarbeitsgericht pflichtete ihm jetzt bei.

mw