Staatsverrat

■ Bremer Gericht verurteilt Regierung zur Öffentlichkeit

Regierungen sind machtgeil und eitel. Wer das bisher noch nicht wußte, kann sich jetzt von den höchsten Bremer Richtern darüber aufklären lassen. In dem Urteil, mit dem sie den Bremer Senat dazu verdonnerten, ihre Regierungsprotokolle an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß herauszurücken, steht statt juristischer Schnörkel Klartext. Die Bürokratie hat „aus reinem Macht- und Eitelkeitsinteresse“ die Tendenz, das „Amtsgeheimnis als Mittel zu nutzen, um sich parlamentarischer Kontrolle zu entziehen“, heißt es in der Urteilsbegründung des Bremer Staatsgerichtshofes. Richtig ist es deshalb, so die Richter weiter, „durch effektive Parlamentskontrolle die Publizität der Verwaltung zu erzwingen“. Jeder Stempel „streng vertraulich“ ein Schrei nach Veröffentlichung.

Solch abgrundtiefes Mißtrauen gegen die Arroganz der Macht war bislang das Privileg von Parlamentarismusgegnern. Und ein Begriff von Öffentlichkeit, wie ihn die Bremer Richter loben, grenzt in Bayern schon an Staatsverrat. Licht ins Dunkel des Regierens wird die Protokollweitergabe trotzdem nicht bringen. Denn wer so machtgeil und eitel ist, wie die Richter unterstellen, wird zu allem Überfluß nicht auch noch so dumm sein, die eigenen Mauscheleien ins offizielle Protokoll zu schreiben.

Dirk Asendorpf