Kuschelweiches aus der Metallstadt

■ 1000 Violins aus Sheffield spielten den Römer voll mit „superökologischem“ Pop Musik als Tonfolgen ohne Folgen: „Wir brauchen keine aufrüttelnden Texte“

Hey, hey, here are the..., nein, nicht die Monkees, die gibt es jetzt im Verlegerfernsehen, es waren mehrere Hundert Violinen, die im Römer spielten. Genauer: Das englische Quintett 1000 Violins, vor Jahresfrist schon einmal an gleicher Stelle zu hören, hatte auch diesmal nichts als Gitarren-Schlager-Pop zu bieten, mit gutem Grund allerdings. Angesprochen darauf, warum sie sich Ende der achtziger Jahre wie konvertierte New Waver im 60er Jahre Look aufführen, erlärte Sänger Vince Keenan den kuschelweichen Anspruch der Band

aus der Metallstadt Sheffield. „Pure Popsongs“ war einer seiner Lieblingssprüche, die Musik sollte frei sein von Aggressionen und Krach-Attitüden. So war es dann auch.

Die fünf sauberen Herren, Keyboarder und Gitarrist David Walmsley mit programmatischem Pilzkopf, erfreuten die geneigten Ohren des Publikums mit verhaltenen Rhythmen und eingängigen Songs nach dem Motto: Nur niemandem auf die Füße treten. Dazu bestand nicht einmal vor dem Podium Gefahr, denn verstohlene Tanzschritte im

Schutze des Auditoriums verkamen zu Ballettnümmerchen, mehr ließ der gebremste Vortrag der melodiösen Geigen aus Süd -Yorkshire nicht zu. Mit fragilen psychedelischen Anleihen der Beatnik-Ära verbargen sie sich wattegepolstert hinter einem kollektiven Rhythmus der beiden Gitarren im Verein mit Keyboardschüben. Dem hatte Sänger Keenan zwar stimmlich durchaus einiges beizusteuern, in Gestus und Ausdruckskraft verhielt er sich allerdings sehr reserviert. So blieb es bei einer dichten Atmoshäre der Schlager-Combo, das war ihnen nicht abzusprechen, doch sie wirkte merkwürdig fremd und gleichförmig.

In ihrer Heimat sei ein Acid-House Fieber ausgebrochen, dem unbedingt andere Strömungen entgegengesetzt werden müßten, stellten sie etwas trotzig fest, denn wo könne heute noch auf Konzerten mitgesungen werden. „Chant to the music“, ist ein Leitsatz der fünf, geradezu melodiebesessen stellten sie sich dar. „Wir brauchen keine aufrüttelnden politischen Texte, bei uns erschließt sich der Zugang zur Musik über Tonfolgen. Superökologisch ist das, purer Sound.“ Aber auch die 1000 Violins kamen natürlich nicht ohne Elektronik aus, das sei in dieser Zeit eben nicht mehr zu machen. Sie würden sogar sogar noch bessere technische Mittel einsetzen wollen, doch das scheitert schlicht am Geld. Alle leben „on the dole“, wie in England der wöchentliche Gang zum Arbeitsamt genannt wird, da ist eine kleine BRD Tournee schon eine größere Sache. Mit einem freundlichen „Ich bin ein Bremener“ verabschiedete sich dann Colin Gregory von seinem Publikum - immerhin auf Weltniveau.

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