DEA ALBA oder vom Stochern im All

■ Michael Weisser, Schriftsteller, Designer und Computer-Musiker aus Bremen und der Münchener Computergrafiker Herbert W. Franke auf dem Weg ins All

Das Science-Fiction-Genre ist mittlerweile weit hinaus über fremde Welten, Raum-Imperatoren und Aliens. Es krankt in nicht eingeweihten Kreisen aber immer noch am Image der B -Literatur. Das rührt vor allem von den vielen unsäglichen space-operas her, die im Kino und Fernsehen zu sehen sind. Sie sind lange nicht so amüsant wie das Raumschiff Orion, auf dem Dietmar Schönherr mit futuristischen Bügeleisen Laser-Schüsse auf die Frogs abgeben durfte.

Wie weit das Genre seine Grenzen erweitert hat, zeigt sich aber schon daran, daß Patrick Süßkinds Roman „Das Parfum“ den „World-Fantasy Award“ einheimste, so etwas wie den Oscar des futuristischen Schreibens und es wird auch deutlich, wenn man die Rezensionen im SF-Jahrbuch liest, das im Heyne -Verlag er

scheint: Da werden neben traditionellen SF-Autoren wie Brian Alldiss auch Margaret Atwood, William Burroughs, und Jorge Luis Borges besprochen.

DEA ALBA

Auch DEA ALBA, das neue Buch des Autoren-Teams Herbert W. Franke und Michael Weisser, der eine ehemaliger Professor für Computergraphik in München, der andere Schriftsteller, Designer und Computer-Musiker aus Bremen, ist sicher zu den ambitionierten Arbeiten des Genres zu rechnen, denn es geht in der Science-Fiction-Literatur kaum betretene Wege. Begünstigt wird das Projekt sicherlich vom momentanen Casetten-Literatur-Boom, dem wohl zu verdanken ist, daß der Suhrkamp-Verlag auf das Experiment einging, Buch und Musik zu koppeln.

Der Gedanke, den die Autoren aufgreifen - eine fremdartige Intelligenz absorbiert menschliches Leben - ist schon oft variiert worden. Von daher ist eine neue Sichtweise nötig, um das Interesse an den hilflosen Aktionen der agierenden Menschen wachzuhalten.

Die Autoren haben sicher in der Verbindung zweier Medien

diese neue Perspektive gesehen. Leider finden sie keine

Sprache für ihr Thema, sondern schwanken unentschlossen

zwischen Technizismen und wuchernden Metaphern :

„Bilder fließen vorbei,

amorphe Strukturen / Visionen von einem anderen Sein /

Verwirrte Fäden

weben im Strom / Bewegung

doch von welcher Art /

Klänge... Laute... Rufe...“

Wo liegt die Bedeutung die der Mensch hofft hinter allem zu finden?

Fraglich ist auch, ob eine fremde Welt schon ausreichend musikalisch gekennzeichnet ist, wenn nur elektronische Töne zu hören sind, die minimalistische Melodiefragmente unendlich wiederholen.

Unabhängig von musikalischer und sprachlicher Qualität ergibt sich ein weiteres Problem: die Weissersche Komposition läuft bei normaler Lesegeschwindigkeit asynchron zur Geschichte. So kann kein spannendes Mit- oder Gegeneinander der Projektteile hergestellt werden: Aber gerade in dieser Verbindung liegt die eigentliche Spannung des Projektes.

FWG

Herbert W. Franke, Michael Weisser, DEA ALBA, Suhrkamp Taschenbuch 1509 , 20 DM.