: „Ein widerliches Pflaster“
■ Luise Scherf erlebte Militärterror in El Salvador hier bitte das Foto von der Frau
Reisebericht bei Tee und Butterkuchen Foto: Wolfram Steinberg Jetzt ist sie wieder zu Hause. Aber vom 29. Dezember bis 9. Januar war Luise Scherf mit einer westeuropäischen Delegation in El Salvador, einem „widerlichen Pflaster“, wie sie sich gestern in einem Pressegespräch im häuslichen Wohnzimmer erinnerte: Militär an jeder Ecke, Folter, Verschleppung - und auch die Verhaftung eines Teils der „Jürg-Weis-Delegation“.
Der schweizer Theologe Jürg Weis war im vergangenen Jahr von „Todesschwadronen“ erschossen worden. Auf seinen Spuren wollte die Delegation sich über das schwere Leben der Bevölkerung in den Kriegsgebieten El Salvadors informieren, 65.000 gesammelte Spenden-Mark einem Basisprojekt der Kirche überbringen und mit ihrer Anwesenheit dokumentieren, daß es eine internationale Aufmerksamkeit für den Militärterror in dem kleinen mittelamerikanischen Land gibt.
In einem ganztägigen Fußmarsch gelangte Luise Scherf mit einer Kleingruppe der Delegation bis nach Perquin, einem kleinen Dorf, das seit Jahren von der Befreiungsbewegung FMLN kontrolliert wird. Erst am Heiligabend war die Dorfkirche aus Militärhubschraubern heraus beschossen worden. Und ein Bauer starb mitten auf dem Feld unter den Schüssen eines schnellen Überfalls der Regierungstruppen. „Da fehlen einem die Worte“ erinnerte sich Luise Scherf gestern an ihre Gefühle im Gespräch mit den DorfbewohnerInnen, die sie trotz der ständigen Bedrohung mit Freundlichkeit überraschten. „Trauer und Angst werden weggeschoben, das können wir uns gar nicht vorstellen.“
„Für die Regierung und die Armee ist es ein großes Problem, wenn Ihr kommt. Für uns ist es ein Problem, wenn Ihr nicht kommt“, hatte ein Bauer der Delegation gesagt. Mit der Verhaftung eines Teils der Solidaritäts-Gruppe bestätigte die Regierung diesen Satz. Entgegen ursprünglichen Agenturmeldungen gehörte die Ehefrau des prominenten Bremer Bürgermeisters Scherf nicht zu den Verhafteten. „Die Zeitungsente hatte auch ihr Gutes“, meinte Luise Scherf gestern, „ohne diese Meldung wäre unsere Delegation kaum so bekannt geworden.“
Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen