Gewalt-betr.: "Sitzblockierer in Haft", taz vom 28.2.89

betr.: „Sitzblockierer in Haft“, taz vom 28.2.89

In der Nachricht über meinen Haftantritt steckt ein kleiner Fehler, der sich beachtlich auswirkt. Es müßte heißen, daß „mit Müller der/die vierte FriedenstäterIn aus Hessen ins Gefängnis“ geht.

Was aber viel wichtiger und eindringlicher noch zu sagen wäre, ist, daß mittlerweile über 120 Menschen nach Verurteilung ihrer Sitzblockaden vor deutschen Massenmordwaffenlagern in die Knäste gingen, Tausende in Prozessen wegen Nötigung verurteilt worden sind und Zehntausende an Aktionen zivilen Ungehorsams gegen das Verbrechen staatlicher Totrüstung teilgenommen haben.

Daß alle diese gerichtlichen Urteile im „Namen des Volkes“ verkündet werden, obwohl ein Großteil der bundesdeutschen Bevölkerung sich gegen den Wahnsinn der Möglichkeit des atomaren Holocausts von deutschen (und hoffentlich auch jeglichem) Boden aus entschieden hat, daß Sitzblockaden vor diesen perversen Vernichtungsapparaten von Gerichten als „Gewalt“ und „verwerflich“ verurteilt werden, die Massenmordplaner und -umsetzer aber mit weißer Weste dastehen (wer gehört in den Knast?), daß Knete in Billiardenhöhe für diesen Irrsinn locker gemacht wird und gleichzeitig Millionen Menschen in der einen Welt elendig verhungern, ist mehr als ein Skandal, das ist verwerfliche Gewalt! (...)

Außer mir sitzen zur Zeit wegen Blockadenverurteilung noch Marie Theres Schlattinger-Junkert in der JVA Schwäbisch -Gmünd und Christian Joks in der JVA Holzminden ein.

Martin Müller, JVA Gießen