Im Schnelldurchlauf

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(Aspekte, 3.März, 22.10 Uhr, ZDF) Einen Aufmacher nach dem anderen präsentierte das ZDF wieder einmal zu vorgerückter Stunde, alles was das bundesdeutsche Kulturherz wachzuhalten vermag. Mit der unerschütterlichen Gelassenheit eines Versicherungskaufmannes blätterte Hannes Keil die Seiten dieses Kulturmagazins um und führte zunächst ins Ressort „Subkulturelle Betroffenheit“. Aids-Kultur in Berlin. Gemessen an amerikanischen Vorbildern nimmt sich diese Szene sehr dünn aus, und mit der Ausstellung „Vollbild“, der Zeitung 'Siegessäule‘, Rosa von Praunheim, dem Chor „Männerminne“ und dem Schwulensender „Eldoradio“ wurden auch alle attraktiven Institutionen abgegrast. Nach der Solidarität wurde gefragt und alle mußten ein Scherflein dazu beigetragen haben, um ins Bild zu kommen. Zeit zum Hinterfragen blieb keine, doch dafür gab es einen Programmhinweis in eigener Sache, der an dieser Stelle nicht noch einmal verdoppelt werden muß. Knapp und bilderreich raste auch das nächste Thema vorbei: Vollrad Kutsches filmische und fotografische Porträts mit Performance -Charakter. Natürlich auch hier am Ende ein Buchtip. Heidegger erst an dritter Stelle. Diesmal ein wirklich schöner Bildessay, schubertuntermalt. Interviews im Eiltempo, historische Aufnahmen und immer wieder die Frage: War Martin Heidegger ein vom Nationalsozialismus Verführter oder lieferte seine Philosophie ganz bewußt ein Fundament dieses Schreckensregimes? Natürlich wird nichts endgültig beantwortet, wer wirklich etwas wissen will, möge doch bitte dieses oder jenes Buch lesen. Bücherreihe in Großaufnahme, danach etwas Aktuelles: Hermann Burgers Selbstmord, pünktlich zum Erscheinen seines neuesten Werkes Brenner. Adolf Muschg, als persönlicher Bekannter, gibt Ansätze eines tief bewegten, doch nicht sentimentalen Nachrufs. Schnitt. Zur Abrundung schließlich noch das Schoßhündchen der Nation, die Oper. In der Nürnberger Tafelhalle wird Humperdincks Hänsel und Gretel vorbereitet, doch dies ganz ungewöhnlich „frei, flippig und verkifft“.

Kaum kann man folgen, mit Mühe wird ein Anreiz gegeben, ein kultureller Werbekatalog frei Wohnzimmer. Zumindest die Schwulenszene und Burger haben das nicht verdient. Zu leicht und eingängig werden die Themen gemacht, reduziert, auf die Ebene irgendwelcher Performance-Spezialisten gezogen. Weniger ist manchmal mehr. Und nicht immer sagt ein Bildersegen mehr als guter Wortjournalismus. Auch nicht im ZDF.

Petra Kohse