Die Eiserne Lady im Kampf gegen das Ozonloch

Weitere Ozonloch-Konferenz in London / „Public-Relations-Theater“ statt konstruktive Vorschläge  ■  Aus London Rolf Paasch

Es geschah am 27.September 1988. Da erklärte die britische Premierministerin Margaret Thatcher vor der versammelten Wissenschaftlergemeinde der „Royal Society“ den Umweltschutz zu „einer der größten Herausforderungen des späten 20.Jahrhunderts“. Die graduierte Chefin an der Spitze der britischen Nation hatte gen Himmel geblickt - und das Ozonloch entdeckt. Doch müssen an der umweltpolitischen Bekehrung der britischen Regierungschefin noch starke Zweifel angemeldet werden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Frau Thatcher in diesen Tagen ihr neugewonnenes grünes Image als Ausrichterin einer am Sonntag in London begonnenen Ozon-Konferenz zur Schau stellen wird. Delegationen aus 120 Ländern mit 90 Umweltministern wollen sich in London bis zum Dienstag gegenseitig „ermutigen“, sich für eine weitere Reduzierung bei den Emissionen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) einzusetzen, allen voran die britische Regierung. Denn das Ozonloch, so hat Frau Thatcher mit dem Scharfblick einer Krämerstochter erkannt, bietet im Vergleich zu anderen Umweltproblemen, zwei große Vorteile: Zum einen sind Gegenmaßnahmen zur

Umstellung bei der Produktion der ozonkillenden FCKW für die britische Industrie relativ einfach zu bewältigen und für die Regierung recht billig; zum anderen erlaubt der grenzüberschreitende Charakter des Ozonlochs Frau Thatcher gleich auch die globale Profilierung als Umweltpolitikerin von Weltrang und Retterin des Planeten. „Großbritannien in der Schlacht um die Ozonschicht führend“ kommentierte der regierungstreue 'Daily Express‘ in der vergangenen Woche die wahrhaft revolutionäre Äußerung Frau Thatchers, daß die FCKW in den Kühlschränken der Nation unbedingt durch umweltverträglichere Gase ersetzt werden müßten.

Die britischen Umweltschützer sehen das mit der ökologischen Führungsrolle Großbritanniens allerdings ganz anders. Wie bei anderen Umweltproblemen, so erklärten die „Friends of the Earth“, sei die Regierung auch hier nur auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen. Dabei habe die Regierung Thatcher in Brüssel immer wieder versucht, gemeinsame Anstrengungen der EG zu einem verbesserten Umweltschutz zu verzögern und zu unterlaufen. Und „Greenpeace“ erinnerte angesichts der Ozon-Konferenz daran, daß Großbritannien trotz seiner Unterstüt

zung der EG-Entscheidung aus der vergangenen Woche, sobald wie möglich eine Reduktion der FCKW um 85 Prozent zu erreichen, weiterhin Europas „führender Exporteur“ der ozonfeindlichen Gase sei.

Entschieden wird auf dem Londoner Ozonloch-Treffen nichts. Erst auf einer weiteren Ozon-Konferenz in Helsinki im nächsten Monat sollen die 1987 in Montreal gefaßten Beschlüsse zu einer Reduzierung der FCKW-Produktion überholt werden. Damals hatten sich die 33 teilnehmenden Länder darauf geeinigt, den FCKW-Verbrauch bis 1990 einzufrieren, bis 1994 um 20 Prozent und später noch einmal um weitere 30 Prozent zu senken. Neue Erkenntnisse über das Ausmaß des Ozonmangels in der Stratosphäre der Antarktis lassen diese Zielwerte als völlig unzureichend erscheinen. Während sich zahlreiche Länder auf der Folge-Konferenz in Helsinki demnächst für eine drastischere Senkung der FCKW einsetzen werden, könnte die Londoner Ozonloch-Konferenz einem anderen Ziel dienen. Angesichts der Teilnahme von zahlreichen Ländern der Dritten Welt müßte es hier darum gehen, das globale Bewußtsein für das Ausmaß des Problems zu schärfen. Damit sich die Entwicklungslän

der, die derzeit für 25 Prozent der FCKW-Emissionen verantwortlich sind, dieses Bewußtsein - und die teureren Alternativ-Gase für ihre Kühlschränke - jedoch leisten können, bräuchten sie die finanzielle Unterstützung der Industrieländer. Ob ihnen diese Hilfe allerdings in London angeboten wird, ist mehr als fraglich.