Hessische CDU unter brauner Flagge

Vor allem in Frankfurt setzen die Christdemokraten ausländerfeindliche Propaganda im Wahlkampf ein  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Wäre hessenweit ein Preis für das dümmste Wahlplakat der Kommunalwahlen '89 ausgeschrieben, könnte sich die Wiesbadener CDU große Hoffnungen auf das Preisgeld machen: „Wir bauen Ihnen Parkplätze“ heißt die tausendfach plakatierte „erste Wahlaussage“ der Christdemokraten in der Landeshauptstadt. Große Hoffnungen auf eine Mehrheit im Wiesbadener Rathaus macht sich die CDU allerdings nicht. Mit dem amtierenden Oberbürgermeister, Achim Exner, haben nämlich die derzeit noch mit den Grünen koalierenden Sozialdemokraten einen der „Enkel“ Willy Brandts zum Gegner. Und da sehen die „Enkel“ Konrad Adenauers immer alt aus. Seit sich Exner pressewirksam an die Spitze des Widerstandes gegen die Stationierung weiterer Kampfhubschrauber und -flugzeuge auf dem US-Militärflugplatz Wiesbaden-Erbenheim gestellt hat, ist der SPD-Bürgermeister populärer denn je und die CDU hat, außer Beton für die versprochenen Parkplätze, nichts im Angebot. In Wiesbaden müssen auch die Grünen aufpassen, daß sie nicht mit fliegenden Fahnen untergehen.

Die Situation in Wiesbaden ist typisch für die Lage der CDU hessenweit: In fast allen Städten des Landes regieren die Sozialdemokraten alleine oder im Bündnis mit den Grünen, und ein Machtwechsel am 12.März scheint ausgeschlossen zu sein. Ausnahmen wie Fulda (CDU), Rüsselsheim (CDU/SPD) und vor allem Frankfurt (CDU) bestätigen da nur die Regel. Die hessische CDU hat also kaum etwas zu gewinnen, aber (fast) alles zu verlieren.

Entsprechend grob schlagen die Christdemokraten dort zu, wo ihnen auch noch die letzten Felle davonzuschwimmen drohen. In ihrer „Bastion“ Frankfurt hetzen CDU-Oberbürgermeister Wolfram Brück und Ministerpräsident Walter Wallmann im Duett gegen „Scheinasylanten“, um der sich vermeintlich im „Republikaner„-Aufwind befindlichen NPD das Wasser abgraben zu können. Ende Februar brachte die CDU-Fraktion im Stadtparlament noch rasch einen Antrag ein, der zu Tumulten im Auditorium führte. Darin heißt es, daß die „Grenze der Aufnahmefähigkeit der Stadt für Asylanten erreicht“ sei. Das kommunale Wahlrecht für AusländerInnen sei aus rechtlichen wie aus politischen Gründen abzulehnen. Gegen diese „unzulässige Vermischung asyl- und ausländerpolitischer Fragen“ (Grüne) und die „Aufhetzung der Bevölkerung“ (SPD) protestierten nach der Antragseinbringung nicht nur die Oppositionsparteien SPD und Grüne. Auch die beiden Kirchen meldeten „schwere Bedenken“ an. Der Dringlichkeitsantrag der CDU fand im Römer nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Zu einem weiteren politischen Eklat kam es, als die CDU in Zeitungsanzeigen einen Anzeigentext der NPD nahezu wörtlich übernommen hatte. Die christdemokratische Palette der ausländerfeindlichen Äußerungen in der Anzeige reicht von der „Begrenzung des Zuzugs“ bis hin zur „Abschiebung straffällig gewordener Ausländer“. Die Grünen im Römer und im Hessischen Landtag kommentierten auf einer Pressekonferenz scharf den Rechtsruck der Frankfurter CDU: „Die unsägliche Tradition, zu versuchen, sich auf dem Rücken von Minderheiten Mehrheiten zu verschaffen, darf nie wieder zum Erfolg führen.“

In der Tat frohlockt vor allem die NPD: Die rechten Parolen der CDU in Frankfurt - „in Kombination mit dem Sieg der Republikaner in Berlin“ - hätten den „Nationaldemokraten“ einen „Seriositätsbonus“ und einen „ungeheueren Schub im hessischen Kommunalwahlkampf“ beschert. In einigen hessischen Gemeinden, in denen die CDU vor allem auf die wertkonservative Wählerschaft und die engagierten katholischen Christen setzt, werden denn auch die ausländerfeindlichen Plakatserien der Landespartei im Keller gebunkert. Auf dem platten Land setzt die Partei eher auf ihre Funktionsträger und verzichtet auf inhaltliche Wahlaussagen. Mit ihrem Oberbürgermeister Brück kann die Frankfurter CDU dagegen kaum „Staat machen“. Der unter der Ägide des christdemokratischen OBs zu peinlichen Höhepunkten gelangte Bestechungsskandal hat den Nachfolger Walter Wallmanns beim Wahlvolk diskreditiert. In der Stadt der Banken und Bilanzen haben „unsaubere Abrechnungen“ immer einen schlechten Beigeschmack, und im Römer wusch jahrelang eine Hand die andere.

Auch die Demoskopen sehen sowohl die Frankfurter als auch die hessische CDU insgesamt auf der Verliererstraße. Doch schon erheben einige Auguren vor allem aus dem grünen Lager warnend die Stimme. Der Rechtsruck der Frankfurter CDU könnte der Partei vielleicht tatsächlich den rechten Wählerrand sichern und den linken Rand in die Arme der FDP treiben, die derzeit in Frankfurt noch als „APO“ fungiert.

Dann würde es in der Addition der schwarzen und gelben Stimmen möglicherweise doch noch reichen - für Brück. Der Kampf um Frankfurt bleibt also spannend, auch wenn hessenweit - abgesehen vom Abschneiden der rechten „Republikaner“ in zwei Wahlkreisen -, die Kommunalwahl schon entschieden zu sein scheint.