„Es macht Sinn für Linke“

Verena Krieger, neue grüne Vorstandssprecherin  ■ I N T E R V I E W

taz: Dein Kommentar zur Vorstandswahl?

Verena Krieger: Ich schätze die Wahl positiv ein, weil eine angemessenere Repräsentation der Flügel gelungen ist. Ich glaube, daß die personelle Zusammensetzung darüber hinaus die Möglichkeit zu einer sachlichen Auseinandersetzung eröffnet.

Die „Linken“ sind ja besser weggekommen als erwartet. Hattest du damit gerechnet?

Ich war mir sehr unsicher. Diese Zusammensetzung ist allerdings auch die Voraussetzung dafür, daß es für Linke überhaupt Sinn macht, in dieser Partei zu arbeiten. Jedes andere Ergebnis hätte eine Ausgrenzung der Linken bedeutet, und dann hätten wir uns entsprechende Konsequenzen überlegen müssen.

Mir scheint, die Delegierten sind von den Linken vorab falsch eingeschätzt worden?

Die Befürchtung der Linken resultierte aus der Erfahrung von Karlsruhe, wo die Methoden, mit denen der alte Bundesvorstand abserviert wurde, schon sehr brutal waren, und dann auch aus der Diskussion vom Samstag. Ich habe immer die These vertreten, daß es für die Linken noch eine Perspektive innerhalb der Grünen gibt, und insofern überrascht mich auch das Wahlergebnis nicht. Die Perspektive für die Linken entscheidet sich an der Programmatik im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl und nicht an Personalentscheidungen.

Nach dem Referat von Ströbele zur AL-Politik haben die Linken hier eine Stimmung registriert, die kaum noch Raum für ihre Positionen ließ.

Ich denke, die euphorisierte Stimmung ist genausowenig repräsentativ für das, was da kommen wird, wie irgendwelche anderen kurzfristigen Entscheidungen. Ob es bei den Grünen ein Festzurren eines total auf Koalitionen festgelegten Kurses gibt, in dem manche irrtümlicherweise einen goldenen Weg für die Grünen sehen, wird langfristig entschieden.

Trotz der Berlin-Euphorie haben die Delegierten dir deine Kritik an den Berliner Ergebnissen nicht übel genommen.

Ich glaube, es ist klar geworden, daß für mich die Kritik an Berlin immer auch an eine grundsätzliche solidarische Haltung gebunden ist. Viele Delegierte wissen natürlich, daß es so einfach, wie es jetzt scheint, in Berlin nicht ablaufen wird. Deshalb bin ich auch ganz optimistisch, denn mein Ziel, eine rationale Auseinandersetzung über die optimale Bündnisform zu führen, kann nur erreicht werden, wenn es eine skeptische Grundhaltung überhaupt noch gibt.

Interview: Gerd Nowakowski