„Exakt und zielstrebig“

Mild im Ton, fest in der Sache: Ruth Hammerbacher, neue Sprecherin der Grünen, stößt auf Vorbehalte  ■ P O R T R A I T

Bonn (taz) - Nach ihrer Wahl auf dem Duisburger Parteitag rief die Vorstandssprecherin der Grünen Ruth Hammerbacher den Delegierten zu, sie wünsche, „daß kooperativ über die Strömungen hinweg zusammengearbeitet wird“. Offenkundig mochten das der weitgehend Unbekannten nicht alle glauben. Ob die Vorbehalte gegenstandslos sind, wird sich noch zeigen müssen. Die 1953 geborene Berlinerin hat sich jedenfalls als (Noch-)Abgeordnete im niedersächsischen Landtag nicht gerade den Ruf einer besonders integrativen Person erworben.

Das Gründungsmitglied der Grünen sitzt seit 1986 im Hannoveraner Landtag; davor lagen fünf Jahre Ratsarbeit in Osnabrück. Mild in der Tonart, aber fest in der Sache ist ihr Stil, ob gegenüber der Landesregierung oder in der Fraktion. Dem Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Helmut Lippelt, ist sie „als Frau der geschliffenen und politisch klugen Rede aufgefallen“. Ihren Platz für den Landtag habe sie sich „sehr clever erstritten“ und arbeite „immer exakt und zielstrebig“.

Kaum gewählt, war sie bereits Fraktionsvorsitzende. In dieser Position sorgte sie für Konfliktstoff, als sie sich ohne jede Absprache mit der Fraktion öffentlich von jeglicher politisch motivierter Gewalt distanzierte. In der fraktionsinternen Debatte um einen Antrag zur Amnestie ehemaliger RAF-Mitglieder stand sie gegen andere Abgeordnete, die den Antrag mit der Forderung nach Abschaffung des Paragraphen 129a verknüpfen wollten. Der gesamte Antrag wurde schließlich zurückgezogen.

Im Landtag beschäftigte sich Frau Hammerbacher mit Hochschulpolitik und insbesondere mit der Entschädigung für die im Nachkriegsdeutschland vergessenen Opfer des Faschismus, Sinti, Schwule und Zwangsarbeiter. Sie ist wesentlich beteiligt am gegenwärtigen Aufbau eines von allen Fraktionen getragenen Entschädigungsfonds. Keine gute Figur habe sie auf der zentralen Kundgebung des niedersächsischen Studentenstreiks 1987 gemacht, wird ihr aus der Hannoveraner Fraktion nachgesagt. Während die SPD sich eindeutig hinter die studentischen Forderungen stellte, habe sie zum Unmut der Studis Ratschläge für den richtigen Kampf verteilt.

Nicht gut zu sprechen auf die verheiratete Mutter eines Kindes ist der Betriebsrat der Grünen-Landtagsfraktion. Sie habe mit einer „beispiellosen Kampagne“ den für Bildungspolitik zuständigen Fraktionsreferenten vertrieben offenbar aus persönlichen Gründen, denn politisch werde dieser ebenfalls der realpolitisch orientierten Strömung zugerechnet.

Gerd Nowakowski