Baker traf Schewardnadse

Am Rande der Wiener Abrüstungsverhandlungen: Baker möchte Seestreitkräfte und Kurzstreckenraketen nicht berücksichtigen  ■  Aus Wien Andreas Zumach

Geprägt von strittigen Einzelfragen und der bisherigen Unfähigkeit der Bush-Administration zur Formulierung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik verlief das gestrige erste Treffen zwischen dem sowjetischen Außenminister Schewardnadse und seinem neuen US-amerikanischen Amtskollegen Baker am Rande der Wiener KSZE -Außenministerkonferenz.

Nachdem beide in getrennten Auftritten vor Journalisten zunächst den „Willen zu weiterer umfassender Kooperation“ betont hatten, nannte Schewardnadse die Weigerung der USA und ihrer Verbündeten, bei den Wiener Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte (VKSE) in Europa auch über Kampfflugzeuge zu verhandeln „unakzeptabel“. Baker wies den sowjetischen Wunsch nach Berücksichtigung von Seestreitkräften und atomaren Kurzstreckenraketen entschieden zurück. Diese seien im Verhandlungsmandat „eindeutig ausgeschlossen“.

Über einen Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der auf US -Wunsch seit November unterbrochenen Genfer START -Verhandlungen gab es ebensowenig eine Entscheidung, wie über ein Gipfeltreffen Gorbatschow-Bush. Baker versprach, daß die neue Washingtoner Administration ihre START-Position „bis Ende April“ formulieren und bis dahin auch über „die Modernisierung der strategischen Waffenpotentiale (MX, Midgetmanrakete etc., d. Red.) entscheiden will“. „In der ersten Maihälfte“ soll dann bei einer weiteren Außenministerbegegnung in Moskau das Thema Gipfeltreffen „weiterbehandelt werden“. Laut Baker einigten sich die beiden Außenminister auf ein „gemeinsames Vorgehen“ hinsichtlich des von ihm so bezeichneten „Nord-Süd-Problems“ der Proliferation von mit chemischen Sprengköpfen ausrüstbaren Raketen.

In dem Gespräch wurde auch der Nahost-Konflikt zur Sprache gebracht. Baker wandte sich gegen Schewardnadses Vorschlag einer internationalen Nahost-Konferenz und befürwortete zunächst bilaterale Kontakte auf Diplomatenebene. Auf den jüngsten Besuch Schewardnadses in Teheran anspielend, kritisierte der US-Außenminister, „der Umgang Moskaus mit dem Iran“ sei „kein gutes Beispiel für Neues Denken“. Schewardnadse hatte dazu erklärt, er sei von Großbritannien und Iran in der Rushdie-Affäre „um Vermittlung gebeten“ worden.