JU-Schaum auf der Rechtswelle

Skandal um einen „Kommunistenwitz“ in der Junge-Union-Zeitschrift 'Pikant‘ / Der Rechtsruck in Hessens CDU schlägt im Kommunalwahlkampf voll durch / Kultusminister Wagners „Deutschlandlied-Erlaß“  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Der Rechtsruck der hessischen CDU im Rahmen des Kommunalwahlkampfes hat bei der Jungen Union (JU) alle Sicherungen durchbrennen lassen. In der JU -Monatszeitschrift 'Pikant‘, die im Main-Taunus-Kreis erscheint, haben die jungen Unionschristen einen Judenwitz aus dem Dritten Reich aufgegriffen und auf Kommunisten umgemünzt: „Wann geht es wieder aufwärts in Deutschland? Wenn in Deutschland das Zweischichtensystem eingeführt wird: Eine Schicht Kommunisten, eine Schicht Erde, eine Schicht Kommunisten...“

Nach Protesten gegen den Abdruck dieses „Witzes“ in der Februarnummer von 'Pikant‘ setzte Chefredakteur Thomas Kirst (JU) noch einen drauf: „Wie wir inzwischen erfahren haben, kursierte der Witz während des Dritten Reiches in bezug auf Juden. Dies war der Redaktion nicht bekannt. Hätten wir das gewußt, hätten wir den Witz nicht abgedruckt.“

Finanzier des pikanten JU-Blatts ist der CDU-Kreisverband Main-Taunus. Und dessen Vorsitzender ist „Baby-Koch“ Roland Koch, Landtagsabgeordneter und Sohn des hessischen CDU -Justizministers „Papa“ Karl-Heinz Koch. Die Grünen im Hessen-Landtag fordern nun von den Kochs eine „klare Distanzierung“ von dem „braunen Pamphlet“ aus dem Main -Taunus-Kreis. Für den rechtspolitischen Sprecher der Grünen, Rupert von Plottnitz, marschiert die CDU im Main -Taunus-Kreis gegenwärtig „im Gleichschritt mit Skinheads und Republikanern“. Denn bei 'Pikant'-Chefredakteur Thomas Kirst handele es sich nicht um einen untergeordneten Jungunionisten, sondern um einen der führenden CDU/JU-Köpfe der Region.

Der Bundesvorstand der JU hat inzwischen den „Kommunistenwitz“ der JU-Main-Taunus scharf verurteilt. Gegenüber der taz sagte Vorstandssprecher Scholz, daß es ein „Ding der Unmöglichkeit“ sei, so etwas in der Zeitung abzudrucken. Und die nachgelieferte „Entschuldigung“ stelle „die Krönung“ dar. Scholz: „Von solchen Leuten wird der gesamte Verband in Mißkredit gebracht.“

Mehr als einhundert Pfarrer und Pfarrvikare aus Frankfurt sowie zahlreiche kirchliche und humanitäre Organisationen unter ihnen medico international, terre des hommes und der Frankfurter Flüchtlingsbeirat - haben in einem offenen Brief an CDU-Oberbürgermeister Wolfram Brück gegen den Rechtsruck in der CDU und gegen den „verantwortungslosen Wahlkampf der CDU auf dem Rücken der Ausländer“ scharf protestiert.

Die hessische CDU bleibt von den Interventionen gegen ihre „neue Politik“ bislang unbeeindruckt. CDU-Kultusminister Wagner verabschiedete gestern einen Erlaß, demzufolge das „Deutschlandlied“ allen hessischen SchülerInnen eingetrichtert werden soll. Kommentar des ehemaligen Rektors und heutigen Landtagsabgeordneten der Grünen Fritz Hertle: „Im Rausch des Vergessens deutscher Geschichte und begleitet von fremdenfeindlichen Parolen soll an die Stelle kollektiver Scham über die Verbrechen des deutschen Volkes ein hohler Patriotismus gesetzt werden.“