Rücktrittsdruck auf Botha wächst

Parteifreunde wollen das Amt des Staatspräsidenten für den neuen Parteichef De Klerk freimachen / Hungerstreik in den Gefängnissen ist wieder aufgenommen worden  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Immer mehr Mitglieder der in Südafrika regierenden Nationalen Partei (NP) fordern den Rücktritt des Staatspräsidenten Pieter W.Botha, um das Amt für den neuen Parteivorsitzenden Frederick W.De Klerk frei zu machen. Botha hatte Ende letzter Woche angekündigt, daß er nach seiner Erholung von einem Schlaganfall Anfang April die Arbeit wieder aufnehmen wolle. Daraufhin hatte De Klerk erklärt, daß die Zeit für „substantielle Gespräche“ mit Botha gekommen sei. Während Botha eine Trennung der Ämter des Regierungs- und Parteichefs durchsetzen will, wollen die NP und De Klerk eine solche Änderung nicht akzeptieren.

Verhandlungen zwischen Botha und De Klerk finden inzwischen offenbar unter Vermittlung eines leitenden Ministers statt. Am Montag sagte De Klerk, daß Spekulationen in der Presse vermieden werden sollten, um der Partei die Möglichkeit zu geben, ihre „Diskussionen mit dem Staatspräsidenten fortzusetzen“. Dabei steht die Nationale Partei mit ihrer Presse und der großen Mehrheit aller Abgeordneten hinter De Klerk. Es wird offenbar ein Kompromiß angestrebt, der Botha einen Rücktritt ohne Gesichtsverlust erlauben würde. Verschiedene Möglichkeiten werden diskutiert. Bothas Amtszeit läuft im September ab. Er könnte bis dann im Amt bleiben und vor den darauffolgenden Wahlen zurücktreten. Auch über die Möglichkeit einer vorgezogenen Wahl wird noch immer gesprochen. Verschiedene NP-Mitglieder meinen, daß die Partei in einer verfrühten Wahl bessere Chancen gegen die ultrarechten Oppositionsparteien hätte. Eine entgültige Entscheidung wird heute in einer NP-Fraktionssitzung im Parlament in Kapstadt erwartet. Botha, der Mitte Januar einen Schlaganfall hatte, hatte Anfang Februar sein Amt als Parteiführer abgegeben. Damals begründete er die Entscheidung mit seinem Ziel, den Regierungschef aus der Parteipolitik herauszulösen.

Indessen kann die südafrikanische Regierung eine neue Krise in ihren Gefängnissen erwarten. Zum tausendsten Tag des Ausnahmezustandes kündigten Menschenrechtsgruppen am Dienstag an, daß der vor drei Wochen suspendierte Hungerstreik politischer Gefangener wiederaufgenommen werde. Im Modderbee-Gefängnis östlich von Johannesburg ist dies schon geschehen. Bisher wurden etwa 200 Häftlinge, die ohne Gerichtsverfahren festgehalten wurden, freigelassen. Die Regierung spricht von 280 Freilassungen. Etwa 700 sind nach wie vor hinter Gittern.

Das von mehr als 30 Organisationen gebildete „Unterstützungskomitee für Hungerstreikende“ warnte den Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, daß er „die Tiefe des Ärgers und der Entschlossenheit der Häftlinge ernsthaft unterschätzt“ habe. Der Minister habe den Streikenden effektiv ein Ultimatum gestellt: „Ergebt euch oder verhungert.“ Aus Regierungskreisen wird berichtet, daß Vlok das Unterstützungskomitee in nächster Zeit verbieten könnte.